Linz – Gut ein Jahr nach dem Inkrafttreten des erweiterten Betretungsverbots – potenziellen Gewalttätern, die Kinder (bis 14 Jahre) im Haushalt gefährden könnten, kann neben der Wohnung auch der Zutritt zu Schulen, Kindergärten und Horten verboten werden – liegt nun eine erste Bilanz vor: Mit dem Start des Gesetzes am 1. September 2013 bis zum Vorjahresende sprach die Polizei österreichweit 291 erweiterte Betretungsverbote aus. Betretungsverbote insgesamt seien im vergangenen Jahr 8.000 in ganz Österreich erlassen worden, erläutert Maria Schwarz-Schlöglmann, Leiterin des Gewaltschutzzentrums in Oberösterreich.

Doch auch wenn man in der Kriseninterventionsstelle die Verschärfung des Gesetzes durchaus begrüßt und sich für die Experten in der ersten Bilanz die Notwendigkeit einer Ausweitung des Betretungsverbots widerspiegelt, gibt es Raum für Kritik.

Schulische Unsicherheit

Konkret fordert man im Gewaltschutzzentrum "flankierende Maßnahmen" wie grundlegende Information und eine Sensibilisierung des Betreuungspersonals. "Die Verunsicherung an den Horten und Schulen ist mitunter groß. Das Personal wird von der Polizei von dem erweiterten Betretungsverbot informiert – und weiter passiert nichts", kritisiert Sonja Ablinger, Vorstandsvorsitzende im Gewaltschutzzentrum.

"Dringend" brauche es daher begleitende Maßnahmen. Ablinger: "Man darf das Personal nicht im Stich lassen. Lehrer und Erzieher müssen wissen, was zu tun ist, wenn plötzlich ein mit einem Verbot belegter Vater vor der Türe steht." In der Praxis sei es aber oft so, dass Lehrer "nicht einmal ein Foto eines gewaltbereiten Vaters haben". Gefordert sei vor allem der Landesschulrat. "Dort muss es spezielle Beratungsangebote geben", sagt Ablinger.

Der Gesetzesnovelle waren eine Bluttat und ein österreichweiter Aufschrei von Gewaltschutzexperten vorausgegangen. Ende Mai 2012 erschoss ein Vater, der seine eigene Wohnung nicht mehr betreten durfte, in einer St. Pöltner Volksschule seinen Sohn. (Markus Rohrhofer, DER STANDARD, 18.7.2014)