Wien - Stoff für die Materialschlacht Steuerreform lieferte am Donnerstag das Institut für Höhere Studien (IHS): Österreich kehrt zu moderatem Wirtschaftswachstum zurück, das aber schwächer als vor der Krise sein werde. Der Höhepunkt des Aufschwungs dürfte 2016 erreicht werden, danach sieht die Fünfjahresvorschau eine Verflachung vor.

Fette Jahre, in denen Masse zum Verteilen erwirtschaftet wird, stehen allerdings nicht ins Haus. Denn mit einem jährlichen realen Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 1,9 Prozent 2014 bis 2018 wird die Volkswirtschaft hinter den Zuwachsraten von vor der Wirtschafts- und Finanzkrise bleiben. Für 2014 und 2015 taxiert das IHS das Wachstum gar nur auf 1,5 bis 1,9 Prozent.

Konsum grundelt dahin

2016 dürfte es besser werden, da sei mit zwei Prozent oder sogar zweieinhalb Prozent zu rechnen. "Danach kehren wir auf ungefähr 1,9 Prozent zurück", dämpfte IHS-Prognoseexperte Helmut Hofer Hoffnungen auf eine längerfristige Aufschwungskurve: "Großartige positive Risiken, dass die Wirtschaft stärker wachsen könnte, sehen wir derzeit nicht."

Dafür fehlten schlicht die Impulse aus der Bevölkerung, weil der private Konsum dahingrundelt. Außerdem sei das Produktionspotenzial niedrig. Dabei stellt der Privatkonsum rein rechnerisch einen höheren Beitrag für das BIP dar, obwohl er mit im Schnitt einem Prozent pro Jahr nur recht schwach wachsen wird. Weniger konsumiert wurde nur in der großen Rezession, also 2009 bis 2013. Die 1,5 Prozent vor der Krise (bis 2008) bleiben sowieso Illusion. Unterm Strich trägt der Privatkonsum etwas mehr als die Hälfte zum BIP bei, Investitionen hingegen nur ein Viertel.

Es wird mehr investiert

Bei Investitionen sieht das IHS einen regelrechten Aufschwung, sie könnten mit plus 3,4 Prozent (brutto, real) jährlich bis 2018 zur Konjunkturstütze werden. 2009 bis 2013 regierte der Rückgang, jährlich rund 1,4 Prozent. Der Rest ist unsicher: Internationale Konjunktur, mögliche Rückfälle im Euroraum und Krisen in Ukraine und Irak, skizzierte IHS-Chef Christian Keuschnigg die Lage.

Wer vom Aufschwung mehr Jobs erhofft, wird enttäuscht: Die Rekordarbeitslosigkeit dürfte bis 2018 kaum gemildert werden. Zwar steige die Beschäftigung leicht, aber auch das Arbeitskräfteangebot - bedingt durch Zuwanderung "und weil die Erwerbsquote bei Älteren Gott sei Dank steigt, und auch bei den Frauen", erläuterte Hofer die Lage. "Ganz gut" entwickeln sollte sich demnach auch die Beschäftigungsnachfrage, denn die Unternehmen würden die Produktivität erhöhen wollen, die pro Kopf zuletzt sogar gesunken sei; die Produktion könnte um ein Dreiviertelprozent per anno zulegen.

Sparen und Investieren

Einen Rückgang prognostiziert das IHS bei der Inflation - obwohl die wirtschaftliche Belebung eher für das Gegenteil sprechen würde. Wegen der Lohnstückkosten rechne man aber mit einem weiteren Rückgang. Bis 2018 gehen die IHS-Experten von durchschnittlich 1,9 Prozent Jahresinflation aus. Im Juni betrug die Inflationsrate in Österreich 1,7 Prozent - der zweithöchste Wert in der EU. Höher war sie mit 1,9 Prozent nur im Nichteuroland Großbritannien.

Als stärksten Preistreiber identifizierte das Statistikamt Eurostat Tabakwaren, Gastronomie und Mieten. Tabak und Wohnen wurden in Österreich nicht zuletzt aufgrund von Steuer- und Gebührenerhöhungen hochgetrieben. Dies vermochten Obst, Gemüse und Kommunikation nicht zu kompensieren, zumal Mobilfunk in Österreich teurer wurde.

"Wir müssen sparen und investieren gleichzeitig", mahnte Keuschnigg, der Pensions- und Steuerreform samt Senkung der Steuerquote urgierte. Aufkommensneutral, also gegenfinanziert, lasse sich eine Steuerreform relativ rasch umsetzen, während die überfällige Senkung der Steuer- und Abgabenquote (45 Prozent) erst "angespart" werden müsse. (APA, red, DER STANDARD, 17.7.2014)