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Bei der Corporate Commercial Bank fehlen Dokumente für ein Kreditportfolio von 1,75 Milliarden Euro

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Sofia/Wien - Bulgarien möchte sich der Bankenaufsicht der Europäischen Union anschließen, um die Stabilität seiner Banken zu garantieren. Das beschloss die Regierung des Nicht-Euro-Landes am Montag vor dem Hintergrund einer Affäre um die viertgrößte Bank des Landes, die Corporate Commercial Bank (CCB).

Wegen undurchsichtiger Kreditvergabe in Milliardenhöhe soll der CCB die Lizenz entzogen werden. Doch mit jeder neuen Krisensitzung macht sich in Sofia die Einsicht breit, dass der vergangenen Freitag schnell verkündete  Schritt erhebliche finanzielle Folgen für den Staat und politische Verwicklungen nach sich zieht.

Übers Wochenende hatten Notenbank und Finanzministerium eine Lex CorpBank zusammengezimmert, die dem bulgarischen Präsidenten so waghalsig erschien, dass er am Montag Regierung, Parteien, Notenbank und Generalstaatsanwalt zu sich berufen hat.

Eine Wirtschaftsprüfung ergab, dass bei der Bank für ein Kreditportfolio von umgerechnet 1,75 Mrd. Euro Dokumente fehlen. Zentralbankchef Iwan Iskrow gab daraufhin die Einleitung eines Insolvenzverfahrens bekannt.

Golfstaat Oman klagt

Rechtlich ist das bereits ein fraglicher Schritt, wie Bankexperten in Sofia erklärten; die Minderheitsaktionäre - der Staat Oman und die russische Bank VTB - hätten zuvor zum Zug kommen müssen. Der Oman will nun die Notenbank und Bulgarien klagen.

Doch es gibt noch andere Probleme: Eine Aufteilung der CCB, bei der faule Kredite bei der Mutterbank blieben, abgesicherte Einlagen in die Tochter Credit Agricole Bulgaria verlagert werden, und der Staat dazu noch mit einer Mrd. Euro einspringt, braucht eine Genehmigung der EU-Kommission. Und zuvor einen Umstrukturierungsplan, den Bulgarien in Brüssel einreichen müsste.

Bulgarischen Medien zufolge ergab die Wirtschaftsprüfung bei der CCB ein sehr viel komplexeres Bild, als es die Präsentation von Notenbankgouverneur Iskrow vergangenen Freitag glauben machte. Demnach gibt es im ärmsten Land der EU 46 Personen, die bei der CCB Guthaben von mehr als einer Mio. Lewa haben (513.000 Euro) - und insgesamt 192 Mio. Euro. Ebenso hoch sind aber auch Einlagen von Stadtverwaltungen und staatlichen Unternehmen, etwa der Fernwärme Sofia oder der Nationalen Stromgesellschaft NEK. Kommt es zur Insolvenz, verlören sie ihr Guthaben; der Staat muss nur Einlagen bis 100.000 Euro garantieren.

Korrigiert hat die Justiz ihre Anschuldigung gegen CCB-Chef Tswetan Wassilew: 105 Mio. Euro in bar sollen demnach nicht an einem Tag abgehoben, sondern nunmehr innerhalb von drei Jahren abgezweigt worden sein. (Markus Bernath, DER STANDARD, 15.7.2014)