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"Wir brauchen eine Vision, um die Aids-Epidemie bis 2030 ganz zu stoppen", heißt es von der WHO.

Foto: dpa/Fredrik von Erichsen

In den vergangenen Jahren sind Erfolge bei der Bekämpfung der Immunschwächekrankheit Aids weltweit evident geworden. Doch bei rund 35,3 Millionen HIV-Infizierten (davon 3,3 Millionen Kinder) ist noch viel zu tun. Von 20. bis 25. Juli wird es deshalb bei der Welt-Aids-Konferenz in Melbourne in Australien vor allem darum gehen, den Schwung bei der Zurückdrängung von Aids aufrechtzuerhalten.

Deutliche Erfolge

Ohne Zweifel hat die durch Milliarden-Aufwendungen weltweit in den vergangenen Jahren in Gang gekommene zunehmend breitere Therapie von HIV-Infizierten zu deutlichen Erfolgen, speziell im südlichen Afrika, geführt. Der weltweite Kampf gegen HIV/Aids wurde immer erfolgreicher. Bereits 9,7 Millionen von insgesamt 34 Millionen HIV-infizierten Menschen erhielten 2013 über die internationalen Hilfsprogramme die zur Beherrschung der Erkrankung notwendige Behandlung.

Aktuell sollen neue Behandlungsleitlinien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Zahl der für die Therapie geeigneten Personen noch deutlich vergrößern und die Durchführung einfacher machen. "In Zukunft sollten 26 Millionen HIV-Positive die Behandlung erhalten. Als Basistherapie soll die Einnahme einer 'Pille' am Tag reichen", sagt der Leiter der HIV/Aids-Abteilung der WHO, der aus Österreich stammende Tropenmediziner Gottfried Hirnschall.

Neue Therapie

Ein bedeutender Fortschritt, der seither praktisch eine Revolution in der Betreuung Betroffener und in der Zurückdrängung der Verbreitung von HIV/Aids bedeutet, wurde bereits 2010 bei der Welt-Aids-Konferenz in Wien präsentiert: Eine antiretrovirale Therapie von HIV-Positiven mit Unterdrückung der Zahl der Viren im Blut möglichst unter die Nachweisgrenze führt dazu, dass es auch bei sexuellen Kontakten ohne Verwendung von Kondomen praktisch zu keiner Übertragung des Virus mehr kommt. Das bestätigt auch eine neue internationale Studie, an der österreichische Aids-Spezialisten in Wien, Linz und Innsbruck mitgearbeitet haben.

Doch für derartiges Handeln gibt es in vielen Staaten der Erde einfach aufgrund der politischen, gesellschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen noch immer fast unüberwindbare Hindernisse: Allein in rund 80 Staaten der Welt werden Menschen noch immer wegen ihrer sexuellen Orientierung verfolgt und diskriminiert.

Risikogruppen unterstützen

Gerade jene Personengruppen, die durch die Immunschwächekrankheit am meisten gefährdet sind, erhalten am wenigsten Zugang zu Prophylaxe und Therapie. "Das bedroht weltweit den Fortschritt in der Bekämpfung von HIV/Aids", warnt die WHO. Sie fordert spezielle Bemühungen zur Bereitstellung adäquater Hilfe für jene Personengruppen, die durch Lebensstil oder andere Umstände besonders von einer Infektion mit dem HI-Virus und deren Folgen gefährdet sind: homosexuelle Männer, Gefängnisinsassen, Personen, die sich Drogen injizieren, Sexarbeiter und Transgender.

Deshalb sollten gerade diese Bevölkerungsgruppen weltweit besonders guten Zugang zu Prophylaxe- und Betreuungsangeboten haben: Sicherstellung des Kondomgebrauchs, medikamentöse Prophylaxe, Medikamente nach risikobehafteten Kontakten, Angebot für Beschneidung auf freiwilliger Basis, Nadeltauschprogramme für i.v.-Drogenkonsumenten, Opiat-Substitutionstherapie, niederschwellige Angebote für HIV-Tests, HIV-Therapie für Infizierte. Besondere Bedeutung komme auch der Prophylaxe bei Schwangeren zu, stellt die WHO fest.

Vision für die Zukunft

Ohne die Beseitigung dieser gravierenden und menschenverachtenden Rahmenbedingungen wird sich der Kampf gegen Aids wohl nicht gewinnen lassen. Michel Sidibe, Chef von UNAIDS, bezeichnete als das Ziel der Konferenz in Melbourne, "die Aids-Tagesordnung für die Zeit nach 2015 zu definieren. Wir brauchen eine Vision, um die Aids-Epidemie bis 2030 ganz zu stoppen."

Das sind aber alles Dinge, die weit über die bloße Wissenschaft rund um HIV/Aids hinausgehen. Nicht zuletzt deshalb sind die alle zwei Jahre stattfindenden Welt-Aids-Konferenzen immer eine Mischung aus Wissenschaft, Entwicklungs- und Gesellschaftspolitik sowie aus der Präsentation engagierter Selbsthilfegruppen. (APA, derStandard.at, 11.7.2014)