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Kupferstich der Schlacht der kaiserlichen Truppen gegen die Osmanen bei St. Gotthart.

Illustration: Archiv

Mogersdorf - Heuer jährt sich ein historischer Sieg zum 350. Mal: Am 1. August 1664 gelang es erstmals kaiserlichen Truppen, unterstützt von deutschen und französischen Verbänden, die osmanische Hauptstreitmacht in einer offenen Feldschlacht zu bezwingen und am Weitermarsch nach Wien zu hindern. Die Gefechte fanden bei Mogersdorf im heutigen Burgenland in der Nähe des ehemaligen Klosters St. Gotthard (Szentgottard) statt und sorgten auf beiden Seiten für schwere Verluste.

Diesem hart errungenen Sieg folgte allerdings der "Schandfriede" von Vasvar (Eisenburg), weil Kaiser Leopold I. aus Misstrauen gegenüber dem französischen König Ludwig XIV. freie Hand behalten wollte. Der Friede sorgte für ziemlichen Verdruss unter einigen ungarischen Magnaten aus, deren Verschwörung der Kaiser niederschlagen musste.

Nach dem großen Krieg geschwächt

Da die habsburgischen Stammländer noch an den schweren Nachwirkungen des Dreißigjährigen Krieg zu leiden hatten, konnten sie von Glück sagen, dass die Osmanen auf österreichischem Boden - abgesehen von kleineren Plünderungszügen im Grenzgebiet - keine größeren kriegerischen Aktivitäten entfalteten. Das hatte seine Ursachen teils in der Regentschaft schwacher Sultane im Osmanischen Reich, aber auch in den Auseinandersetzungen dieses Reiches mit Persien und ab 1645 mit der Seerepublik Venedig um die Insel Kreta, die sie erst 1669 endgültig einnehmen konnten.

Erst unter Sultan Mehmet IV. (1648-87) und seinem fähigen Großwesir Ahmed Köprülü wurde die alte Politik gegen die christlichen Mächte im Westen wieder aufgenommen. Anlass waren Streitereien in Siebenbürgen, einem türkischen Vasallenstaat, wo Fürst Georg Rakoczy auf eigene Faust politisch aktiv wurde und sich mit Schweden gegen Polen verbündete. Als der Pascha (Provinzgouverneur) von Ofen (Buda) gegen ihn einschritt, wurde er von Rakoczy besiegt, was den Großwesir auf den Plan rief, der aus Siebenbürgen ein Paschalik (türk. Provinz; Anm.) machen wollte, um es gänzlich in türkische Hände zu bekommen.

Fürst und Gegenfürst

Die Ereignisse in Siebenbürgen berührten Interessen des Kaisers in Wien, der nach dem Schlachtentod Rakoczys und seines Nachfolgers Janos Kemeny einen Fürsten seiner Wahl einsetzte. Großwesir Köprülü berief einen Gegenfürsten. Noch während kaiserliche Sondergesandte auf der Reise waren, um den seit 1606 bestehenden Frieden mit den Türken zu wahren, rüstete der Großwesir 1663 zum Krieg.

Krimtataren und Akindschi (leichte Reiterei) drangen plündernd bis Mähren vor. Der Großwesir zog entlang der Donau und bezwang nach längerer Belagerung die Festung Neuhäusel (heute: Nove Zamky in der Slowakei). Da wegen Schlechtwetters die Niederungen der Donau unpassierbar geworden waren, konnte Köprülü nicht bis Wien vorstoßen und zog sich mit seinem Heer nach Belgrad zurück.

Die Gefährdung Wiens und die Verwüstungen in Mähren veranlassten Kaiser Leopold, einen Reichstag nach Regensburg einzuberufen, um Hilfe der Deutschen Länder gegen die im Osten vordringenden Türken zu erhalten. Eine Reihe deutscher Fürsten, aber auch Schweden und Frankreich, stellten Hilfskontingente zur Verfügung, von Spanien und Papst Alexander VII. kamen Hilfsgelder und Kriegsmaterial.

Des Großwesirs riesiges Heer an der Raab

Erst im Juli 1664 war das Heer des Großwesirs an die Raab gelangt, da der Banus von Kroatien, Niklas Zriny, die Draubrücke bei Esseg (heute: Osijek) zerstört und so den türkischen Anmarsch verzögert hatte. Ende Juli standen die Türken am Südufer der Raab gegenüber von Mogersdorf, das damals Nagyfalva hieß. Die Armee der Osmanen war zahlenmäßig und auch mit ihrer Artillerie den Gegnern überlegen, außerdem war Köprülü ihr einziger Befehlshaber, während auf christlicher Seite Kommandanten eifersüchtig und misstrauisch neben- und gegeneinander standen.

Wenig geregelt war auch ihr Nachschub. Diesbezüglich nach Wien gelangte negative Berichte veranlassten den Kaiser, den seit vier Jahrzehnten bei Einsätzen in ganz Europa erfahrenen Feldmarschall Raimondo Montecuccoli (1609-80) zum Oberbefehlshaber zu ernennen. Von ihm ist auch eine Schilderung der Ereignisse vom Sommer 1664 "Vom Krieg mit den Türken in Ungarn" erhalten.

=> Für beide Seiten verlustreiche Schlacht

Feldherr Raimondo Montecuccoli gelang es, dem Feind den Weg in Richtung Wien und Graz zu versperren, bis Ende Juli die Reichstruppen und französischen Kontingente zu ihm gestoßen waren. Insgesamt konnten dabei rund 25.000 Soldaten gegen die Osmanen zusammengezogen werden. Erst dann konnte Montecuccoli auch die Rückzugslinie der Türken bedrohen. Gedeckt waren seine Truppen gegen Süden durch die Raab, gegen Osten durch die aus nördlicher Richtung einmündende Lafnitz, die Hochwasser führten.

Großwesir Ahmed Köprülü brachte rund 50.000 Kämpfer an die Raab sowie zahlreiche Geschütze, die am Südufer des Flusses gegenüber von Mogersdorf in Stellung bracht. In der Nacht auf 1. August ließ er seine Eliteeinheit, die Janitscharen, die Raab überqueren, wo sie sich am Nordufer verschanzten. Der Hauptangriff der Janitscharen und Sipahi (gepanzerte schwere Reiterei) erfolgte dann in den Morgenstunden, nur langsam rückten ihnen die eher unerfahrenen christlichen Truppen entgegen. Diese wurden von anderen Janitschareneinheiten und Sipahis an ihren Flanken angegriffen. Viele christliche Soldaten ergriffen die Flucht, sodass die Janitscharen bald das Lager der Reichstruppen nördlich der Raab erreicht hatten.

Mit kaiserlichen Truppen griff Montecuccoli die vordringenden Türken an deren linken Flanke an, Franzosen deren rechte Flanke. Das schon von den Türken eingenommene Mogersdorf wurde zurückgewonnen, doch der Großwesir ließ weiter östlich und westlich des Schlachtgeschehens zusätzliche Sipahis die Raab überqueren. Noch weiter flussaufwärts setzten sich kaiserliche Kavallerie und Einheiten des Reitergenerals Johann Sporck als letzte Reserve den Türken erfolgreich entgegen, die Raab abwärts taten dies französische und andere Hilfskontingente.

Osmanen, Pferde und Kamele verschwanden in den Fluten

Zu diesem Zeitpunkt befahl Montecuccoli schließlich den Angriff auf den Gegner von allen Seiten, die daraufhin ihre Stellungen verließen und bald, zuletzt ohne Ordnung, über den Fluss auf das Südufer flohen, auch weil sie von weiter im Norden auf Hügeln aufgestellten Kanonen beschossen wurden. Das Hochwasser der Raab riss viele Türken, ihre Pferde und Kamele mit sich. Auch die als Reserve am Südufer gehaltenen, mehrere 10.000 türkischen Reiter zogen sich in ihr Lager zurück, was den entsetzten Großwesir veranlasste, einige Agas (Befehlshaber) mit seinem Schwert eigenhändig zu köpfen. Die westlich des Schlachtfeldes an das Nordufer des Flusses gelangten etwa 4.000 Sipahis wurden von General Sporck und seinen Truppen niedergemacht, weitere geflüchtete Sipahis ertranken in der Raab.

Fast 20.000 Tote

Im Laufe des Nachmittages des 1. August flauten die Kämpfe ab, beide Seiten hatten hohe Verluste, wenn auch die osmanische Seite noch weitaus mehr Tote zu beklagen hatte zu beklagen. Unter den 16.000 bis 17.000 gefallenen Türken befanden sich fünf Paschas und 30 Agas. Auf christlicher Seite zählte man etwa 2.000 Tote und zahlreiche Verwundete, größtenteils bei den wenig erfahrenen Reichstruppen. Den Siegern fielen viele Standarten, Pferderüstungen und edelsteinbesetzte Waffen in die Hände. .

Zwar konnte der abziehende Feind wegen Erschöpfung der christlichen Truppen und dem aufgebrauchten Vorrat an Schießpulver nicht verfolgt werden, es war aber der bis dahin größte Sieg, den christliche Truppen in offener Feldschlacht gegen die Türken errungen hatten. Schon vorher, am 19. Juli, hatte die kaiserliche Nordarmee in Oberungarn etwa 20.000 Türken und Tataren geschlagen, sodass mit einem weiteren türkischen Angriff 1664 nicht mehr zu rechnen war.

Das Schlachtfeld am Nordufer der Raab liegt bei Mogersdorf auf heute österreichischem Gebiet, nahe der ehemaligen Zisterzienserabtei St. Gotthard (Szentgottard), weswegen man oft von der Schlacht bei St. Gotthard spricht. Heute erinnert daran auf dem Schlösselberg nördlich von Mogersdorf ein Museumsraum bei einem Restaurant, unweit davon eine in modernem Stil errichtete Gedächtniskapelle, daneben ein großes Kreuz. Etwas weiter abseits steht ein "Weißes Kreuz" mit einer Gedenkinschrift in den vier Sprachen: Latein, Deutsch, Ungarisch und Französisch.

Neuhäusel bleibt in osmanischer Hand

Der am 10. August geschlossenen Friede von Vasvar (Eisenburg) beließ Neuhäusel und das 1660 von den Türken eroberte Großwardein (Nagy Varad, heute Oradea in Rumänien) in osmanischer Hand. Um den Rücken gegen die Franzosen frei zuhalten, erkannte Kaiser Leopold die osmanische Oberherrschaft über Siebenbürgen an. Ungarn blieb dreigeteilt: in einen habsburgischen Teil im Westen und Norden, in den Vasallenstaat Siebenbürgen, dazwischen lag der Rest Ungarns als türkisches Paschalik. Die Türken versprachen eine 20-jährige Waffenruhe, die österreichischen Länder erhielten auch handelspolitische Vorteile auf dem Balkan.

Doch der Friede rief tiefe Erbitterung unter mehreren ungarischen Magnaten hervor, die, sobald sie Hilfe und den Schutz des Kaisers gegen die Türken nicht mehr brauchten, ihn als "unbequemen Herren" empfanden. Es kam zu einer Magnatenverschwörung gegen Kaiser Leopold, wobei die Verschwörer auf französische Hilfe bauten. Der Kaiser schlug diese Verschwörung 1670 nieder, die Hauptschuldigen wurden hingerichtet, es kam zu Güterkonfiszierungen und einem absolutististischen Regime durch den Einsatz einer Statthalterei in Ungarn. Auch wollte der Kaiser dort die Gegenreformation durchsetzen. Allerdings scheiterten die absolutistischen Pläne des Herrschers wegen der nach wie vor bestehenden Türkengefahr. Auf dem ungarischen Reichstag von Ödenburg (Sopron) 1681 mussten die frühere ungarische Verfassung und die Rechtsgrundlage für protestantische Bekenntnisse in Ungarn wiederhergestellt werden.

1682 begann der Kuruzzenführer Imre Tököly schließlich einen Krieg gegen den Kaiser, der weiterhin am Frieden von 1664 mit den Türken festhalten wollte. Doch die Hohe Pforte war noch vor Ablauf der 20-jährigen Waffenruhe zum Krieg entschlossen, 1683 standen die Türken nach 1529 zum zweiten Mal vor Wien. (APA/red, derStandard.at, 13.07.2014)