Sportjournalisten und Sportjournalistinnen sind eine spezielle Spezies innerhalb ihrer Berufsgruppe. Abgesehen von einer Reihe anderer Gründe für die Wahl dieses Betätigungsfeldes sind sie jedenfalls Sportfans. Kollegen und Kolleginnen aus anderen Ressorts sei keinesfalls mangelnde Liebe zu ihren Tätigkeitsbereichen unterstellt - aber Innenpolitik-Fan? Wirtschaftsfan? Na ja ...

Nun sitzt der Sportjournalist, sitzt die Sportjournalistin weder mit Fanschal noch mit Bier oder pyrotechnischen Utensilien während des Fußballschauens in der Redaktion (eventuell existierende, die Regel bestätigende Ausnahmen seien hier verschwiegen). Kollegen und Kolleginnen sollen aus der Sportabteilung aber schon den einen oder anderen "Uuuh"-, "Oooh-" oder "Aaah"-, in selteneren Fällen auch "Iiih" -Schrei vernommen haben. Werden kurz vor Redaktionsschluss "Neeeiiin" -Schreie oder/und Geräusche, die auf einen Aufprall der Stirn auf den Schreibtisch hindeuten könnten, vernommen, hat dies in der Regel wenig mit Fantum zu tun. Eher damit, dass Fußballer (Namen der Redaktion bekannt) in Minute 91 bis 96 nichts Besseres zu tun haben, als das Resultat von 90 vorhergehenden Minuten auf den Kopf zu stellen, um damit den (fast) vollständig vorbereiteten Spielbericht ad absurdum zu führen.

Also haut der Schreiber/die Schreiberin noch einmal rasant in die Tasten, stellt den Bericht auf den Kopf, sowie Spieler XY das Spiel. Und - "Jaaa!" - irgendwie geht sich's immer aus. Das Feierabendbier ist umso verdienter. Am nächsten Tag kommt er/sie trotz des vortäglichen Ärgers - als wäre nichts gewesen - wieder in die Redaktion, harrt der Dinge, fiebert mit, erfreut sich seiner/ihrer Berufswahl. Aus Liebe zum Spiel. (Birgit Riezinger, DER STANDARD, 11.7.2014)