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Ein Bild, das um die Welt ging - vom Mann, der um die Welt kreiste: Astronaut Chris Hadfield gibt David Bowies "Space Oddity" zum Besten.

Foto: APA/EPA/NASA / CSA / CHRIS HADFIELD

Chris Hadfield: "Anleitung zur Schwerelosigkeit". Heyne: München 2014

Cover: Verlagsgruppe Random House GmbH, Muenchen

"Ich bin der lustige Astronaut und ich singe ein Lied": Als die Ärzte in den 1980er-Jahren diesen Song veröffentlichten, müssen sie in die Zukunft geblickt und Chris Hadfield gesehen haben. Längst hat sich das öffentliche Interesse an der bemannten Raumfahrt auf einem konstanten - und nicht allzu hohen - Level eingependelt. Doch dann ist da plötzlich dieser magische Moment im Mai 2013, als ein Mann an Bord der Weltraumstation ISS zur Gitarre greift und schwerelos David Bowies Space Oddity singt. Das auf Youtube gestellte Video wird ein Hit und der stets gutgelaunte Hadfield über Nacht zum Star der sozialen Netzwerke.

Wie nebensächlich diese Episode und mit ihr der ganze Weltruhm für Hadfield selbst waren, zeigt sein Buch Anleitung zur Schwerelosigkeit. Darin schildert der 1959 in Ontario Geborene, wie er konsequent seinen Weg vom Kampfpiloten über die kanadische Weltraumagentur bis zur Nasa verfolgte. Dreimal sollte ihn dieser ins All führen: 1995, 2001 und schließlich 2013 als Kommandant der ISS - die zweite Hälfte des Buchs ist ganz diesem halbjährigen Aufenthalt im Orbit gewidmet.

Vor allem aber wird Hadfield nicht müde zu betonen, welche Tugenden für diesen Weg nötig waren: Geduld, Disziplin, hohe Arbeitsmoral, Demut und die Bereitschaft, ständig weiterzulernen. Er preist die "Kraft des negativen Denkens", soll heißen: stets auf Probleme gefasst zu sein, um sie dann nüchtern durchdenken und schon vorab Lösungen finden zu können. Und dass er beim Thema Auf-alles-vorbereitet-Sein nicht zur Untertreibung neigt, zeigt eine Episode, in der er verbissen Rocket Man auf der Gitarre einstudiert, weil sich ja durch eine Verkettung unwahrscheinlicher Umstände die vage Chance ergeben könnte, dass er mit Elton John auf einer Bühne landet.

Schwerelose Seltsamkeiten

Hadfield hat seine Anleitung zur Schwerelosigkeit eher als Leitfaden für ein erfolgreiches Leben denn als All-Abenteuer angelegt. Trotzdem ist natürlich Platz genug geblieben, um reichlich Anekdoten aus dem Raumfahrerleben unterzubringen. Etwa wie er auf seiner ersten Mission mit einem Schweizer Taschenmesser in die russische Raumstation Mir einbrechen musste, weil die Luke nicht aufging. Oder wie sich ein armer Kollege plötzlich in einem Schwarm schwebender Fingernägel wiederfand, weil Hadfield die Maniküre nicht ganz zu Ende gedacht hatte. Außer seinem Bowie-Auftritt ließ Hadfield noch eine ganze Reihe von Videos über die seltsamen Folgen der Schwerelosigkeit online stellen - mit großem Erfolg, machten sie das Thema Raumfahrt doch plötzlich für jedermann anschaulich.

Wer Chris Hadfield bisher nur als Spaßvogel wahrgenommen hat, mag von den pädagogischen Zügen seiner Biografie vielleicht überrascht sein. Zum Glück werden diese aber mit einer großen Portion Selbstironie vermittelt: im Grunde ganz so, wie man es von einem Mann erwarten kann, der wie jeder Astronaut im heroischsten Moment seines Lebens - dem Start ins All - aus Sicherheitsgründen eine Windel tragen musste. (Jürgen Doppler, DER STANDARD, 9.7.2014)