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Die Pazifistin Bertha von Suttner.

Foto: apa

Durch Alfred Nobel wurde sie zur Pazifistin, sie brannte mit dem Sohn ihres Chefs durch und wurde als "Friedensbertha" weltberühmt, aber auch verspottet: Bertha von Suttner hatte sich dem Kampf für den Frieden verschrieben, den Ausbruch des Ersten Weltkriegs erlebte sie nicht mehr. Wenige Tage vor dem Attentat von Sarajevo am 28. Juni 1914 starb sie im Alter von 71 Jahren an Magenkrebs.

Geboren wurde sie 1843 im Palais Kinsky am Altstädter Ring in Prag. Ihr Vater starb ein halbes Jahr vor ihrer Geburt. Ihre Mutter verspielte das Erbe, die Tochter nahm eine Stelle als Gouvernante bei Baron Karl von Suttner an. Bertha von Kinsky verliebte sich in den sechs Jahre jüngeren Sohn ihres Arbeitgebers. Als die beiden in flagranti ertappt wurden, musste sie gehen – und wurde in Paris Privatsekretärin des Dynamitherstellers Nobel.

Ihre Gespräche hinterließen Spuren: Er traf die Entscheidung, die Nobelpreise – darunter jenen für Frieden – ins Leben zu rufen. Für sie waren die Diskussionen über die Auswirkungen von Sprengstoff der Grundstein für ihr lebenslanges Engagement für den Pazifismus: "Mit der Ära der Sprengstoffe hat die Gewalt eine Form angenommen, in der ihr die Gewalt nicht mehr beikommen kann", schrieb sie in der Zeitschrift Friedenswarte.

Bevor sie sich als politische Kämpferin engagierte, brachte sie ihre Privatangelegenheiten in Ordnung. Sie heiratete heimlich Arthur von Suttner und ging mit ihm in den Kaukasus. Neun Jahre lang lebten die beiden im heutigen Georgien und brachten sich mit Zeitungsartikeln, Herz-Schmerz-Geschichten und Übersetzungen durch, ehe die Familie ihnen verzieh und sie auf Schloss Harmannsdorf in Niederösterreich zurückkehrten. Dort verfasste sie jenen Roman, der 1889 ihren Weltruhm begründen sollte: "Die Waffen nieder!" Ihre These: Keine Seite kann in einem Krieg angesichts der Fortschritte der Waffentechnik gewinnen. Ihr Buch wurde zum zentralen Werk der Friedensbewegung.

Bertha von Suttner war eine scharfzüngige Rednerin, in den USA soll sie mehr als sechshundert Vorträge gehalten haben. Sie war keine Kassandra, sondern eine scharfsichtige und klar formulierende Analytikerin, die die Interessen der Kriegstreiber und der Rüstungsindustrie in Zeiten des zunehmenden Nationalismus und Imperialismus benannte und gegen Aufrüstung kämpfte.

"Friedensbertha" wurde sie in Militärkreisen und bei Hofe in Wien abschätzig genannt, dort setzte man lieber auf die "Dicke Berta", das Geschütz aus dem Hause Krupp. Während sich US-Präsident Theodore Roosevelt mit ihr traf, verweigerte ihr Kaiser Franz Joseph eine Audienz – obwohl sie 1905 als erste Frau den Friedennobelpreis erhalten hatte. Später zierte ihr Konterfei die 1000-Schilling-Banknote. Der deutsche Kaiser Wilhelm II. machte sich schriftlich über sie lustig.

Sie begann noch mit den Vorbereitungen für eine Friedenskonferenz in Wien, sah aber den Weltkrieg schon kommen. Am 13. Mai 1914, einen Monat vor ihrem Tod, schrieb sie in ihr Tagebuch: "Gegen den Übermilitarismus, der jetzt die Atmosphäre erfüllt, ist nicht anzukommen." (Alexandra Föderl-Schmid, DER STANDARD, 9.7.2014)