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Die Ära Bayern-LB der Hypo Alpe Adria wirft lange Schatten. Die Notverstaatlichung muss erst noch aufgearbeitet werden.

Foto: Reuters

Wien - Die Hypo Alpe Adria als Geschäftsbank ist nun Geschichte; ihre Historie ist das noch lange nicht. Die Justiz ermittelt noch in vielen Causen; Thema ist auch die Notverstaatlichung im Dezember 2009. Da besteht der Verdacht der Untreue, der Gläubigerbeeinträchtigung und der Bilanzfälschung bzw. der Beihilfe dazu; beschuldigt sind Ex-Hypo-Chef Franz Pinkl und Exkollegen, Ex-Bayern-Banker und Hypo-Aufsichtsräte wie Michael Kemmer oder Stefan Ermisch. Sie alle weisen die Vorwürfe zurück, und es gilt die Unschuldsvermutung.

Der Vorwurf: Die Banker hätten in der Aufsichtsratssitzung am 10. Dezember 2009 (vier Tage vor der Verstaatlichung) ihr Wissen über die gefährdete Liquidität verschwiegen. Sie hätten nicht gesagt, dass die BayernLB den Kärntnern die vertraglich versprochene Liquiditätsversorgung vorenthielte und vorhatte, ihre Darlehen zu kündigen.

Laut Abschlussbericht der Soko Hypo wurden den Verantwortlichen so "wesentliche Informationen vorenthalten". Wären diese, wie geboten, gegeben worden, wären "unmittelbar im Anschluss an die Aufsichtsratssitzung aufsichtsrechtliche Maßnahmen die Folge gewesen". (Die Bank wäre unter Kuratel gestellt worden; Anm.) So aber wurde mit den Bayern verhandelt und verhandelt - bis am 14. Dezember die Notbremse gezogen wurde.

Nacht der Nächte

Was bis zur Notverstaatlichungsnacht geschah, erschließt sich aus den Akten der Ermittler. Am 8. und 9. Dezember verhandelten die Vertreter der Bayern mit den Österreichern - ohne Ergebnis. Am 9. Dezember legten die Bayern ein "Term Sheet" für ihren "Ausstieg aus der Hypo" vor, am 10. Dezember um 0 Uhr 30 wurde dies modifiziert. Aus einer Aktennotiz eines Teilnehmers aus dem Finanzministerium: "Der Erstvorschlag wird seitens des Bundes als nicht akzeptabel ... kommentiert. Dr. Kemmer weist darauf hin, dass weitere Schritte im Sinn einer Rettung nicht möglich sind. Die Verhandlung droht abgebrochen zu werden."

Stattdessen legten die Bayern ihren neuen Vorschlag auf den Tisch, auch darin orteten die Österreicher "wenig Entgegenkommen". Der Bund wolle die Verhandlungen am nächsten Tag aber weiterführen. Bayern-Banker Kemmer habe das nicht gewollt.

Verhandlungsspielraum

Er antwortete laut Protokoll: "Es gibt keine weiteren Verhandlungen mehr." Kapitalisierungsangebot, 500 Mio. Kapital und ein "bedeutender Fundingbetrag" seien angeboten worden. Und: "Der Zeitdruck lag nicht bei der BayernLB. Ihr war es ernst mit dem Angebot, sie habe aber keinen weiteren Verhandlungsspielraum mehr." Am 11. Dezember - Finanzminister Josef Pröll hatte im ORF gemeint, die Verhandlungen mit den Bayern seien noch nicht aufgenommen, man habe noch kein schriftliches Angebot - beschwerte sich Kemmer per Fax im Finanzministerium.

Man habe Prölls Ausführungen "mit Befremden und großer Besorgnis" zur Kenntnis genommen. Pröll habe der BayernLB doch am 8. und 9. Dezember erklärt, "sie verhandle mit den Spitzen der Republik und Sie hätten das Mandat, mit uns eine abschließende Vereinbarung zu erarbeiten." Deshalb sei die BayernLB-Spitze "angereist". Zudem gebe es sehr wohl ein "konkretes Angebot".

Drei Darlehen

Die Österreicher hätten "lediglich die Angebote der BayernLB pauschal als unzureichend zurückgewiesen". Und, so Kemmer, nun aufs Tempo drückend: "Technische Gespräche (für 11. 12. anberaumt; Anm.) werden in keiner Weise der akuten Gefährdungslage der HGAA gerecht." Erforderlich seien "kurzfristig zielführende Verhandlungen". Selbigen Tags, um 16 Uhr 52, kündigten die Bayern drei Darlehen an die Hypo (650 Mio. Euro) und rechneten Einlagen gegen Kredite auf. Laut Ermittlern, "um den Druck auf die Vertreter der Republik zu erhöhen".Vier Tage später waren die Bayern die Bank los.

Auch Griss-Kommission und Rechnungshof prüfen die Verstaatlichung. Eine der zentralen Fragen: Warum verschwanden Gewährleistungspflichten, die die Republik den Bayern laut Unterlagen ursprünglich abverlangen wollte? (Renate Graber, DER STANDARD, 9.7.2014)