Der Porsche 918 Spyder stammt vom Le-Mans-Boliden RS Spyder ab, hat einen V8-Sauger, zwei Elektromotoren und 880 PS. Er braucht nur drei Liter, was aber bei einem Preis ab 776.880 Euro nicht ins monetäre Gewicht fällt.

Am Ausgang der Schlossgold hebt der Pylon ab, als hätte er sein zweites Ich als Silvesterrakete entdeckt. Der Senkrechtstart ist gleichzeitig die Antwort auf die Frage, die sich beim Anbremsen derselben Kurve am Red Bull Ring aufgetan hat: "Was macht der Typ da im 911er vor uns?" Er fährt um sein Leben. Was im Porsche 918 Spyder wie die Fahrt zwischen Supermarkt und Stammcafé wirkt, ist im aufgerüsteten 911er ein Ritt auf des Messers Schneide. Der Rennfahrer vor uns bremst aber nicht deshalb so früh an, weil er Angst hat. Würde er einen Wimpernschlag länger warten, könnte er den Sportwagen aus dem Kiesbett kratzen. Wie knapp es war, zeigt ohnedies der Pylon am Kurvenausgang an, der seine Antriebskraft vollständig aus dem quergehenden Heck des Renn-911er gewinnt.

Warum der 918 so viel später bremsen kann, gleichzeitig so viel besser beschleunigt und damit ermöglicht, dass ein L17-Pilot einem erfahrenen GT3-Profi schnell ein paar Sekunden abnimmt, liegt an vier Details: den drei Motoren und dem Fahrzeug-Layout. Der Schwerpunkt dieses Supersportlers, der nur 918-mal gebaut wird, liegt auf Höhe der Radnaben. Das erlaubt atemberaubende Kurvengeschwindigkeiten, und die Bremsen, die härter zupacken als jeder Schraubstock, sorgen für Bremspunkte, die jenseits liegen – von Gut und Böse nämlich.

Letztere Definition passt auch gut zum 4,6-Liter-Sauger, einem V8 mit 608 PS, der bis über 9000 Umdrehungen hinauforgelt. Titanpleuel, Dünnwand-Niederdruckguss an Kurbelgehäuse und Zylinderköpfen machen ihn zum Leichtgewicht. Er hat weder Nebenaggregate noch Riemenantriebe, ist deshalb besonders kompakt – während er mit 132 PS pro Liter Hubraum die höchste Literleistung eines Porsche-Saugers hat. Weil Porsche dieser aus dem RS Spyder abgeleitete Motor aber nicht reicht, treten zwei Elektromotoren an, um für weiteren Vortrieb zu sorgen. Ein 155-PS-E-Motor hilft dem Verbrenner an der Hinterachse, ein weiterer mit rund 130 PS tut an der Vorderachse seinen Dienst und macht den 918er zum Allradler. Unterm Strich bringt es dieser Hybrid-Supersportler auf unglaubliche 880 PS Systemleistung.

Als Plug-in-Hybrid mit rein elektrischer Reichweite von 30 km – bei einer Beschleunigung von immer noch sieben Sekunden von 0 auf 100 km/h – kommt der Bolide auf einen Normverbrauch von rund drei Liter. Auch wenn diese Werte auf der Rennstrecke nicht nachzuvollziehen sind, weil die Top-Pipes, über die der V8 ausatmet, locker als Griller herhalten könnten, ist das beachtlich. Denn sagen wir so: Wer nur 20 km in die Arbeit fahren muss und dort eine Steck dose hat, braucht gleich gar keinen Sprit. Obwohl, das stimmt so auch nicht. Wer einen 918 fährt, der will die 600 Pferde wahrscheinlich auch durch den Endtopf husten hören.

Man könnte also, muss es heißen, im Modus "E-Power" fahren – und diesen legt der 918er auch beim Starten automatisch ein, so die Akkus entsprechend geladen sind. Vernünftige werden aber auf die zweite Stufe, "Hybrid", schalten und damit sehr effizient unterwegs sein. Auf der Rund-strecke springen wir ans Ende der Einstellungen zu "Hot Lap", wo Sauger und Elektromotoren bis an die Belastungsgrenze hergenommen werden. Obwohl, für den Racing-911er vor uns würde wohl locker auch der "Hybrid-Modus" reichen.

Bemühen wir das Wort Belastungsgrenze ein weiteres Mal und nehmen den Preis für den Top-918er her. Jenen mit dem Weissach-Paket, also samt 35 kg weniger und einem Eigengewicht von nur 1640 kg, Sichtkarbon dort und da, Alcantara statt Leder. Dann sind wir bei geradeaus 849.000 € laut Liste. Da ist es dann nur mehr ein schwacher Trost, dass für den 918 Spyder keine NoVA anfällt. Aber einmal ehrlich, wer die ersten 900.000 km rein elektrisch fährt, statt Pylonen ins All zu schießen, hat den Kaufpreis schon fast wieder herinnen. (Guido Gluschitsch, DER STANDARD, 12.7.2014)

Hinweis im Sinne der redaktionellen Leitlinien: Die Teilnahme an internationalen Fahrzeug- und Technikpräsentationen erfolgt großteils auf Basis von Einladungen seitens der Automobilimporteure oder Hersteller. Diese stellen auch die hier zur Besprechung kommenden Testfahrzeuge zur Verfügung.