In der Affäre um die Spionage beim deutschen Bundesnachrichtendienst (BND) verschärft Deutschland den Ton gegenüber den USA weiter. Die deutsche Bundeskanzlerin beklagte sich während ihres China-Besuchs über einen Vertrauensbruch vonseiten der USA. Der Außenminister macht die politische Tragweite der Affäre deutlich und der Innenminister erwäge einen Einsatz von Geheimdiensten gegen die Partner.

Man müsse die Ermittlungen des Generalbundesanwaltes nun abwarten

Zu dem Fall des festgenommenen BND-Mitarbeiters, der für US-Geheimdienste spioniert haben soll, sagte die deutsche Bundeskanzler Angela Merkel am Montag in Peking: "Es handelt sich, wenn das so ist, um einen sehr ernsthaften Vorgang." Man müsse die Ermittlungen des Generalbundesanwaltes nun abwarten. "Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, so steht das für mich in einem klaren Widerspruch zu dem, was ich unter einer vertrauensvollen Zusammenarbeit von Diensten und von Partnern verstehe."

Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier sagte am Montag bei einem Besuch in der Mongolei: "Sollten sich die Verdachtsmomente bestätigen, ist das auch politisch ein Vorgang, bei dem man nicht einfach zur Tagesordnung übergehen kann." Das weitere Vorgehen hänge von den weiteren Erkenntnissen der Ermittlungen ab. Zugleich forderte er die USA auf, sich "mit ihren Möglichkeiten" an der Aufklärung zu beteiligen.

 "360-Grad-Blick"

Innenminister Thomas de Maiziere erwägt einem Medienbericht zufolge, die Aufklärung der deutschen Geheimdienste auf die USA auszuweiten. Der CDU-Politiker habe in einer internen Runde von der dringenden Notwendigkeit gesprochen, einen "360-Grad-Blick" zu erlangen, berichtete die "Bild"-Zeitung (Montag) unter Berufung auf Sicherheitskreise. Das Blatt zitierte zudem aus einem ihm vorliegenden "Geheimpapier" des Ministeriums, in dem von einer konkreten "Planung von Gegenmaßnahmen" die Rede ist. Diese sollen unter anderem die Kommunikationsüberwachung betreffen.

Der Bericht ließ offen, wann sich de Maiziere in dieser Weise geäußert hat - vor oder nach Bekanntwerden der Spionageaffäre im BND. Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen hatte bereits nach Bekanntwerden der NSA-Spähaktionen eine "Neujustierung der Spionageabwehr, eine Art 360-Grad-Blick" angekündigt.

Klärung

Zu Forderungen der Opposition nach Ausweisung von amerikanischen Diplomaten aus der US-Botschaft in Berlin sagte Steinmeier in der mongolischen Hauptstadt Ulan Bator: "Zum gegenwärtigen Zeitpunkt bleibt es dabei, dass wir die Reihenfolge aufrechterhalten: Erst Klärung und dann entscheiden, was zu tun ist." Bisher hatte Berlin nur den US-Botschafter zum Gespräch ins Auswärtige Amt gebeten.

Der BND-Mitarbeiter soll innerhalb von zwei Jahren 218 Dokumente an US-Geheimdienste weitergeleitet und dafür 25.000 Euro kassiert haben. Er wurde am vergangenen Mittwoch festgenommen. Die Dokumente enthielten laut BND keine sehr heiklen Informationen.

Der für die Spionageabwehr zuständige Verfassungsschutz konzentrierte sich in der Vergangenheit komplett auf jene, von denen er geheimdienstliche Aktivitäten erwartete: Russen oder Chinesen etwa. (APA, 7.7. 2014)