Von der Pizza bis zur Hutschachtel: Renault, gemeinsam mit Nissan Anbieter einer breiten Palette von Elektrofahrzeugen, lanciert mit dem Twizy Cargo einen witzigen kleinen Stadtlieferanten.

Eintönigkeit, Gleichförmigkeit, fließender Verkehr: Das war einmal. Um wie viel greller und bunter sind doch die meisten größeren Städte geworden, auch wenn sie mit monströsen Problemen zu kämpfen haben. Der Verkehr ist nur eines davon, wenn auch ein gewichtiges. In einem kleinen, wendigen Gefährt fällt es leichter als in einem hochgezüchteten Boliden, selbst nahezu bei Stillstand Meter zu machen. Und es gibt immer mehr von diesen quirligen bunten Flitzern.

Ein Repräsentant dieser neuen Generation ist der Twizy. Pferdestärken hat er nicht viele, gerade einmal 18 PS. Das ist an und für sich läppisch für ein Nutzfahrzeug. Der Twizy Cargo ist aber bewusst auf das Nötigste reduziert und damit schon wieder sexy: kein Schnickschnack, kaum Elektronik, dafür viel Plastik und Frischluft.

Foto: Andreas Stockinger

Die getestete Version hatte keine Seitenfenster, was bei schönem Wetter nicht weiter stört, bei Dauerregen oder in Tunneln wegen des Lärms und der Abgase anderer Autos aber ganz schön nerven kann. Selbst produziert der knapp 9000 Euro teure Twizy  ja keine Abgase, er fährt mit Strom.

Ein Ladezyklus dauert etwa 3,5 Stunden, das dafür nötige Spiral-Ladekabel mit Schukostecker ist praktischerweise im Frontbereich des Twizy eingebaut. Mit einer Vollladung kommt man rund 90 km weit, sofern man nicht ständig mit Höchstgeschwindigkeit (80 km/h) unterwegs ist oder "stop and go" fahren muss. Aufmerksamkeit ist dem Fahrer oder der Fahrerin jedenfalls sicher. "Mei is des liab! Des is oba ka Smart, des is wos  anders", sagte eine ältere Frau zum noch älteren Mann, als sie des Twizy ansichtig wurde. Kaum ein Ampelstopp, bei dem nicht gegrüßt und irgendwas gefragt würde. "Fährt das elektrisch?", wollte ein Motorradfahrer etwa wissen. "Ja, mit Strom." "Ah, ökologisch."

Foto: Andreas Stockinger

In der Cargo-Version hat der Twizy nur einen Sitzplatz. Der Laderaum dahinter misst 55 x 50 Zentimeter und ist knapp einen Meter hoch. Die Hecktür kann nur von außen geöffnet und geschlossen werden. Die Seitentüren schwingen beim Öffnen wie Flügel nach oben. Ob man links oder rechts einsteigt, ist vollkommen egal, der Plastiksitz befindet sich genau in der Mitte. Reduziert ist auch die Schaltung: D steht für Drive, N für neutral, R für Return. Mehr gibt es nicht. Dafür passt der Flitzer in (fast) jede Parklücke.

Foto: Andreas Stockinger

Insgesamt wurden im Renault-Nissan-Konzernverbund die vielfältigen Möglichkeiten der individuellen Mobilität der Zukunft augenscheinlich ein klein wenig vernachlässigt zugunsten der ausschließlichen Elektromobilität. Auf diesem Sektor hat man dafür allerdings bereits eine ansehnliche Palette im Angebot. Bei Renault wäre im Nutzfahrzeugsektor neben dem Twizy Cargo noch der kompakte Lieferwagen Kangoo Z.E. zu nennen, bei den Pkws der gelungene und entsprechend begehrte Zoe (und über den Fluence Z.E. breiten wir den Mantel des Schweigens). Nissan wiederum steuert den Leaf – in Kalifornien fast schon ein Kultauto – und neuerdings den Kleinbus e-NV100 bei.

Foto: Andreas Stockinger

Da schaut der Feldmarschall Radetzky: Baut man ein Auto um einen Sattel herum, dann sieht das eben so aus.

Trotzdem sitzt man im Twizy Cargo beinahe so an der frischen Luft wie auf dem Pferd, hat ein passables Ladefach zum Zeugs-Transport – und wenn die Kraft ausgeht, füttern wir den Renault mit Saft aus der Dose. (Günther Strobl, DER STANDARD, 12.7.2014)

Hinweis im Sinne der redaktionellen Leitlinien: Die Teilnahme an internationalen Fahrzeug- und Technikpräsentationen erfolgt großteils auf Basis von Einladungen seitens der Automobilimporteure oder Hersteller. Diese stellen auch die hier zur Besprechung kommenden Testfahrzeuge zur Verfügung.

Foto: Andreas Stockinger