Die helle Struktur in der Bildmitte zeigt die Galaxie 3C220.3, die die Strahlung einer anderen Galaxie verstärkt - hier als ringförmige Struktur um 3C220.3 sichtbar. Ohne diesen Linseneffekt könnte man die Hintergrundgalaxie auf der Erde nicht detektieren. Eine weitere Galaxie (kleinere weiße Struktur unten) trägt ebenfalls zum Linseneffekt bei. Die Aufnahme entstand mit dem Keck-Teleskop auf Hawaii, das einen Spiegeldurchmesser von zehn Metern besitzt.

Foto: University of California

Bochum - Ein internationales Astronomenteam hat zwei Galaxien entdeckt, die gemeinsam ein ungewöhnliches Linsensystem bilden. Eine sechs Milliarden Lichtjahre entfernte, außerordentlich massereiche Galaxie lenkt dabei die Strahlung einer zweiten noch weiter entfernten Sterneninsel ab und verstärkt so ihre Helligkeit, die ohne diesen Linseneffekt überhaupt nicht wahrnehmbar wäre.

Seit 1979 wissen Astronomen, dass Galaxien als Gravitationslinsen wirken können. Schon 1919 wurde beobachtet, dass die Sonne mit ihrem Gravitationsfeld das Licht anderer Sterne ablenkt. Heute können Astronomen anhand der Gravitationseffekte Rückschlüsse auf die Eigenschaften der beteiligten Himmelskörper schließen, so wie im Fall des nun beobachteten Linsensystems.

"Unser Team war auf ein echtes astronomisches Puzzle gestoßen", erklärt Martin Haas vom Astronomischen Institut der Ruhr-Universität Bochum, Leiter des Projekts. "Die Analysen bestätigten, dass wir es mit einem sehr exotischen Gravitationslinsensystem zu tun haben." Die Ergebnisse sind im "Astrophysical Journal" publiziert.

"Ringförmige" Galaxie

Die schwache Hintergrundgalaxie erscheint als ringförmige Struktur um die als Linse wirkende Vordergrundgalaxie. Eine weitere, kleinere Galaxie hat ebenfalls Anteil an dem Linseneffekt. Die Forscher stießen auf das Phänomen, als sie die Galaxie 3C220.3 mit dem "Herschel"-Satelliten beobachteten. Sie sandte sehr viel mehr langwellige Infrarotstrahlung aus als vorhergesagt. Der Verdacht: Ein Teil der Strahlung kommt nicht von 3C220.3 selbst, sondern aus dem Hintergrund. Um das zu überprüfen, organisierten Haas und seine Kollegen der Universitäten Groningen und Harvard weitere Messungen an den besten Teleskopen der Welt, unter anderem mit dem Keck-Observatorium auf Hawaii.

Anhand der Messungen fanden die Wissenschafter heraus, dass die als Linse wirkende Galaxie eine sogenannte Radiogalaxie mit einem gigantischen schwarzen Loch im Zentrum ist. Dieses schwarze Loch ist für die Radiostrahlung verantwortlich.

Überraschend wenig Dunkle Materie

Die Astronomen modellierten die Geometrie des Linsensystems auch am Computer. Dabei stellten sie fest, dass die Radiogalaxie einen überraschend geringen Anteil an Dunkler Materie enthalten muss – also nicht sichtbarer Materie, die sich nur durch ihre zusätzliche Schwerkraft bemerkbar macht. Eigentlich erwartete man einen hohen Anteil an dunkler Materie in Radiogalaxien. Allerdings liegen die bekannten Radiogalaxien mit Linsenwirkung in Galaxienhaufen, und bislang war nicht zu sagen, wie viel dunkle Materie mit der Radiogalaxie und wie viel mit dem Haufen assoziiert ist. (red, derStandard.at, 04.07.2014)