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Von den Leasingkrediten in fremder Währung, die heimische Banken in Osteuropa vergeben haben, sind 35 Prozent notleidend

Foto: reuters/LASZLO BALOGH

Die Zeiten, als das Osteuropa-Risiko der heimischen Banken eine Bedrohung für die Republik darstellte, sind wahrscheinlich vorbei. Doch mit der Mega-Wertberichtigung der Erste Group rückt das Risiko der heimischen Institute von Polen bis Bulgarien wieder in den Fokus. Eine hohe Firmenwertabschreibung in Rumänien, Zwangskonvertierung von Fremdwährungsdarlehen in Ungarn und höhere faule Kredite bescheren der Erste Group heuer einen Verlust von bis zu 1,6 Milliarden Euro. Die böse Überraschung ließ den Aktienkurs am Freitag um 16 Prozent einbrechen.

Nicht nur die Erste zeigt damit, dass die Institute sechs Jahre nach Ausbruch der Krise ihr Ostengagement noch nicht verdaut haben. Auch die Bank Austria hat erst heuer die Firmenwerte für die Bilanz 2013 um zwei Milliarden auf null berichtigt und einen Milliardenverlust eingefahren. Die Raiffeisen Bank International - der dritte der ganz großen Player österreichischer Provenienz in der Region - kämpft seit Jahren mit der schwierigen Lage in Osteuropa, vergrößerte ihren Polster aber erst heuer mit einer beachtlichen Kapitalerhöhung.

Raiffeisen sieht sich auf Kurs

RBI-Chef Karl Sevelda rückte am Freitag prompt mit der an sich bekannten Information aus, dass es in Ungarn und Rumänien keine Firmenwerte gebe und daher auch keine Wertberichtigungen drohten. Analystenschätzungen, wonach das neue ungarische Gesetz die RBI knapp 200 Millionen Euro kosten könnte, wurden als weit übertrieben dargestellt.

Zu den Sorgen der Großbanken kommen Probleme der kleineren hinzu. Die Verluste der Hypo am Balkan sind bereits Legende, den Scherbenhaufen der ÖVAG in der Region kehrt gerade die russische Sberbank zusammen, die dem Volksbanken-Spitzeninstitut das Ost-Geschäft abkaufte.

Auch wenn die Notenbank die Aktivitäten in der Region stärker überwacht und Maßnahmen zur Begrenzung des Geschäfts ergriffen hat, ist das Engagement nicht gesunken. Mit 270 Milliarden Euro wies die Nationalbank zuletzt das Engagement der Austro-Banken in Ost- und Südosteuropa aus - das entspricht fast der heimischen Wirtschaftsleistung und dem Dreieinhalbfachen des österreichischen Budgets.

Als eines der größten Risiken sehen Analysten die hohen Fremdwährungskredite, die wegen diverser Verbote in einigen Ländern rückläufig sind, aber immer noch 80 Milliarden Euro ausmachen. Ihr Anteil an den gesamten Ausleihungen lag 2013 bei 44,3 Prozent. Insbesondere in Ungarn und der Ukraine, aber auch in Rumänien und anderen Ländern verteuert sich wegen der Abwertung der eigenen Währungen die Rückzahlung der Darlehen in Euro oder Schweizer Franken.

Schmerzhafte Abwertungen

Besonders dramatisch war der Kursverfall des Forint und der ukrainischen Griwna. Vor Krisenausbruch kostete ein Franken zwischen 140 und 160 Forint, heute sind es rund 250. Extrem war auch der Wertverlust des rumänischen Leu im Vergleich zu den Vorkrisenjahren. Noch eine Zahl verdeutlicht das riskante Geschäftsmodell der Österreicher in der Region: Von den Leasingkrediten in fremder Währung sind laut Finanzmarktstabilitätsbericht 35 Prozent notleidend.

Die faulen Kredite in der Region sind das größte Fragezeichen für die weitere Entwicklung. Haben die Großbanken nun ausreichend Risikovorsorgen gebildet? In einigen Ländern der Region wie Ungarn, Kroatien, Bulgarien oder Russland liegt der Anteil der notleidenden Kredite zwischen zehn und 20 Prozent. Negativer Spitzenreiter ist Rumänien, wo rund 26 Prozent der Darlehen überfällig sind. Die Banken weisen allerdings darauf hin, dass ihre Kreditportfolios besser seien als die genannten Durchschnittswerte.

Auch Stresstests der österreichischen Bankenaufsicht und des Internationalen Währungsfonds haben bisher ergeben, dass die Banken einen weiteren Abschwung in Osteuropa verkraften würden. Gewissheit über die Kreditqualität wird freilich erst der laufende Bilanzcheck der Europäischen Zentralbank bringen.

Bei den Firmenwerten ist die Faktenlage klarer. Die Erste Group hat die Berichtigung für die um mehr als vier Milliarden Euro in Rumänien erworbene BCR über Jahre gestreckt. Die erste Korrektur erfolgte bereits in der Bilanz 2008. Laut Auskunft der Bank hat sich die neuerliche Abschreibung nach Rücksprache mit Wirtschaftsprüfern ergeben. Die rumänische Notenbank wolle angesichts der Stresstests den Kehraus in den Bankbilanzen beschleunigen und habe die Kreditinstitute daher angehalten, einen radikaleren Ausputz zu betreiben.

Restliche Firmenwerte

Dadurch mussten aber auch Ertragsrechnungen bei der rumänischen Tochter korrigiert werden. Bei der Erste Group stehen nur mehr ebenfalls recht teuer erworbene Kreditinstitute in Tschechien und der Slowakei mit Firmenwerten von insgesamt einer Milliarde Euro in der Bilanz. Unklar ist noch, ob in Ungarn im Herbst ein erneutes Belastungspaket auf die Banken zukommt. (Andreas Schnauder Andras Szigetvari, DER STANDARD, 5.7.2014)