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Finanzminister Michael Spindelegger warnt: Das Budget sei in Gefahr, aus dem Ruder zu laufen.

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Wien - Es bestehe die Gefahr, "dass das Budget aus dem Ruder läuft": Mit einer Warnung schloss Michael Spindelegger (ÖVP) seine "Mid-Term-Review", wie die halbjährliche Kontrolle der einzelnen Ressortbudgets heißt, ab. "Abweichungen von hunderten Millionen Euro" hätten sich in den Prognosen aufgetan, berichtet der Finanzminister. Soll heißen: Wenn die Entwicklung so weitergeht, werden die Staatsausgaben zu Jahresende über dem in den Budgets angepeilten Limit liegen.

In welchen Ressorts die Kosten davongaloppieren? "Prinzipiell hat jedes Ministerium einen Problemfall", wich Spindelegger im Ö1-"Mittagsjournal"  aus, er habe die Regierungskollegen mit ihren "Hausaufgaben" in den Sommer geschickt. DER STANDARD hat Genaueres in Erfahrung gebracht.

Auf der Hand liegen steigende Ausgaben für die Arbeitsmarktpolitik: Die Arbeitslosigkeit steigt, die Konjunkturprognosen trüben sich ein. Wendet sich das Blatt nicht, ist am Jahresende mit Mehrkosten zu rechnen, die Rede ist von etwa 200 Millionen. Bereits in den ersten fünf Monaten 2014 wuchsen die Ausgaben stärker als im Budgetplan vorgesehen. Allerdings liege dies nicht an der Arbeitslosigkeit, heißt es aus dem Sozialministerium, vielmehr handle es sich beim Plus um hohe Fixkosten der Arbeitsmarktförderung, die bis Jahresende wieder ausgeglichen würden.

Problemfall Pensionen

Die "größte Herausforderung" sieht Spindelegger aber bei den Pensionen, in ÖVP-Regierungskreisen ist von einem prognostizierten Fehlbetrag von 200 Millionen die Rede. Diese Entwicklung kündigt sich in den Budgetvollzugsdaten bis Mai, von denen man allerdings nicht automatisch aufs ganze Jahr schließen kann, nicht an: Einen übermäßigen Anstieg verursachten zwar die Beamtenpensionen, aber nicht die "normalen" ASVG-Pensionen - Letztere liegen unter dem Kostenplan.

Auch Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) berichtete diese Woche im Standard von einem positiven Trend. Angesichts der nun diskutierten Budgetzahlen verweist man in seinem Büro auf die Unsicherheit von Prognosen: 2010 seien etwa die Ausgaben für Pensionen zum Halbjahr um 500 Millionen über dem Plan gelegen, am Jahresende hingegen um 50 Millionen darunter.

Kritik am Bildungsbudget 

Wo der Finanzminister noch eine Lücke sieht: Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) habe keine Vorschläge offengelegt, wie sie den für heuer gebliebenen Sparbedarf bei den Ermessensausgaben erfüllen wolle. Das Sparziel sei heuer annähernd erreicht, heißt es dazu aus Heinisch-Hoseks Büro: Außerdem habe die Ministerin einen Dialog mit den Ländern über Verwaltungsvereinfachungen und Effizienzsteigerungen initiiert.

Zahlen wollten SPÖ-Politiker vorerst keine kommentieren. Bei einem Budget von 76 Milliarden seien Abweichungen zur Jahresmitte "keine Dramatik", beschränkte sich Finanzstaatssekretärin Sonja Steßl aufs Allgemeine: "Wir liegen auf Kurs, was die Einsparungen bei den Ermessensausgaben betrifft. Was stimmt, ist, dass die konjunkturabhängigen Kosten für Arbeitslosigkeit und Pensionen steigen." Umso mehr sei eine rasche Steuersenkung, um die Wirtschaft anzukurbeln, notwendig.

SPÖ-Geschäftsführer Norbert Darabos nennt Spindeleggers Aussagen "Panikmache". Beschwerde gegen die ÖVP erhebt auch Verkehrsministerin Doris Bures, die aus den Rücklagen ihres Ressorts gegen Spindeleggers Willen eine Milliarde für den Ausbau des Breitbandinternets verwenden möchte. Während VP-geführte Ministerien heuer Rücklagen von 510 Millionen auflösen dürften, rechnet sie vor, gestatte der Finanzminister SPÖ-Ministerien das nur im Ausmaß von 78 Millionen. 2015 liege das schwarze Übergewicht sogar bei 510 zu vier Millionen.

Grüne fordern Information

Der Grüne Budgetsprecher Bruno Rossmann hat seine eigene Schätzung zu den Fehlbeträgen angestellt: Weil abgesehen vom Posten Arbeit wohl auch noch die Schulen und die Pflege unterdotiert seien, kommt er auf 600 bis 700 Millionen Euro. "Ein Drama" sei das angesichts des Gesamtvolumens des Budgets nicht, die genauen Zahlen würde Rossmann dennoch gerne kennen. Eigentlich müsse das Finanzministerium laut Bundeshaushaltsgesetz seinen Controllingbericht dem Parlament übermitteln, kritisiert der Grüne, doch diese Pflicht werde de facto ignoriert: Das diese Woche dem Finanzausschuss vorgelegte Papier habe "nur Prosa enthalten und keine Details". (Gerald John, DER STANDARD, 5.7.2014)