Die halsbrecherischen Aktionen von Matthias Wermke und Mischa Leinkauf erklären, warum ihre Schau "Viel viel Glück euch Zwein" heißt.

Foto: Galerie Gabriele Senn

Wien - Weil sie nicht gesehen werden wollen, ziehen sie neonfarbene Warnwesten an. Auf diese Weise gehen die beiden Berliner Künstler Matthias Wermke (1978) und Mischa Leinkauf (1977) als Arbeiter durch und haben Zugang zu jenen Orten, wo sie ihre Aktionen durchführen: In Wien war das etwa einer der Flaktürme, auf den sie nach dessen Erklimmung ebenfalls eine ihrer selbstgebastelten Landmarks (2014) setzten.

Im OEuvre des seit 2004 gemeinsam agierenden Duos gehörte diese Übung aber eindeutig zu den harmloseren: Schließlich fühlt man sich durchaus an Spider-Man erinnert, wenn man die beiden zwischen Häuserschluchten hin- und herschaukeln sieht oder wenn sie mit bloßen Händen an den Geländern von Stahlbrücken oder auch Kränen hängen.

Keine Zeit, Berlin (2010) ist etwa der Titel eines der Videos, in dem sich die beiden auf einer Fußgängerpassage eines Gebäudekomplexes begegnen, um dann in einer Blitzaktion hinunterzuspringen. Die Kamera bleibt auf die Brücke des futuristisch anmutenden Gebäudes gerichtet, während man die Körper der beiden im Wasser aufklatschen hört.

Photoshop ist im Werk der beiden strengstens verboten, das Spontane aber doch eher Show. Schließlich gehen den spektakulären Aktionen sehr präzise Recherchen und Ortserkundungen voraus, die die Performances erst möglich machen. Und zwar nicht nur, weil das Reenactment eines Handstands auf der Kilianskirche in Heilbronn ansonsten viel zu gefährlich wäre, sondern weil das urbane Setting als Hintergrund ihrer Aktionen auch stimmig sein muss: Drifter, Tokio, Berlin, Heilbronn, Wien 2012-2014 heißt beispielsweise eine 28-Kanal-Installation, für die man auch architektonisch interessante Gebäude, Brücken, Türme, Hochhäuser etc. ausgewählt hat.

In der Ausstellung in der Galerie Senn werden die Aufnahmen der sichtlich halsbrecherischen "Begehungen" auf übereinandergestapelten Monitoren präsentiert. Die sehenswerte Collage betont den subversiven Aspekt der Raumnahme des Duos. Und sie führt insofern zurück zu den Anfängen, als zumindest für Leinkauf der Mauerfall 1989 seine Lust zum Sichüberwinden ausgelöst hat. (Christa Benzer, DER STANDARD, 3.7.2014)