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Die Ungleichheit bei den Einkommen wird weltweit zunehmen, meint die OECD.

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Paris/Wien - Die Ungleichheit in Österreich könnte in 50 Jahren fast so hoch sein wie in den USA heute, zeigt ein am Mittwoch veröffentlichter Ausblick der Industrieländer-Organisation OECD. Geht es nach dem Bericht, ist mit Globalisierung und technologischem Wandel noch lange nicht Schluss. Wer besser gebildet ist, wird künftig noch mehr verdienen als jene, die eine schlechtere Ausbildung haben.

Die OECD-Zahlen beziehen sich auf das Einkommen vor Umverteilung durch Steuern und Sozialleistungen. Bricht man Österreich auf 100 Menschen herunter, verdient jener auf Platz zehn der Einkommensskala heute dreimal so viel wie jener auf Platz 90. Bis 2060 könnte er fast das Fünffache verdienen, wie in den USA heute. Dort soll die Spanne sogar auf das Siebenfache steigen.

In Österreich wird die Ungleichheit durch das Steuersystem und Transfers aber deutlich stärker gesenkt. Vom Trend steigender Ungleichheit sind laut OECD alle reichen Länder betroffen. Im Schnitt soll der Anstieg bis 2060 fast ein Drittel ausmachen. Die Werte sind freilich nur Schätzungen, betont die Pariser Denkfabrik. Sie seien lediglich eine Fortführung von Trends der Vergangenheit, um ein Gefühl für mögliche Entwicklungen in der Zukunft zu bekommen.

Weniger Wachstum

Das weltweite Wirtschaftswachstum wird in den nächsten Jahrzehnten zurückgehen, schreibt die OECD in ihrem Bericht weiter. Sehr hohes Wirtschaftswachstum, wie etwa das chinesische in den vergangenen zwei Jahrzehnten, ist nur möglich, weil ärmere Länder mit Technologien aus reichen Ländern schnell aufholen können. Je näher die ärmeren Länder den reicheren kommen, desto niedriger wird auch ihr Wachstum. Die OECD erwartet etwa, dass der durchschnittliche Chinese 2060 schon genauso reich ist wie der durchschnittliche US-Amerikaner.

Kombiniert man diesen Effekt mit der fortschreitenden Alterung der Bevölkerung reicher Länder, wächst die Weltwirtschaft insgesamt deutlich langsamer. Geht es nach dem Ökonomen Thomas Piketty, könnte das die Ungleichheit noch einmal verstärken. In seinem Buch "Capital in the 21st Century" stellt der Franzose die Theorie auf, dass weniger Wirtschaftswachstum zu mehr Ungleichheit bei den Vermögen führt.

OECD fordert Maßnahmen gegen Steuervermeidung

Weniger Wirtschaftswachstum, mehr Globalisierung und höhere Ungleichheit: Angesichts der Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte fordert die OECD mehr Kooperation zwischen den Ländern. Sie müssten sich bei Grundlagenforschung sowie Umwelt- und Wettbewerbspolitik  untereinander abstimmen. Auch bei den Steuersystemen sei Kooperation gefragt. Gemeinsam könne man Steuervermeidung bekämpfen und exzessiven Wettbewerb verhindern.

Entscheidend werde auch sein, ob man effizient umverteilen könne und wie man die Bildungspolitik ausrichte. So seien Investitionen vor allem in die Frühförderung und die Schule sinnvoll. Weil Universitätsabgänger ihre Generation in puncto Einkommen noch stärker abhängen werden als zuletzt, legt die OECD den Ländern einen größeren Fokus auf Studiengebühren nahe.

Reformen in Schwellenländern notwendig

Darüber hinaus mahnt die OECD in ihren ebenfalls am Mittwoch veröffentlichten "Perspektiven auf die globale Entwicklung" Entwicklungs- und Schwellenländer zu Reformen. Zwar würden sie gegenüber reichen Ländern weiter stark aufholen. Doch gerade Länder, von denen man eigentlich erwartet hätte, dass sie die sogenannten Industrieländer bis 2050 einholen, werden es im jetzigen Trend nicht schaffen.

Es brauche deshalb Strukturreformen. Die Arbeiter in den meisten ärmeren Ländern seien zu unproduktiv, es müsse mehr Wert auf eine bessere Ausbildung gelegt und gleichzeitig Innovationen gefördert werden, so die OECD. (Andreas Sator, DER STANDARD, 3.7.2014)