Bild nicht mehr verfügbar.

Joachim Löw hat Prinzipien.

Foto: apa/gebert

Berlin - Es ist wie das Amen im Gebet. Die immer größer werdende Zahl an Alt-Internationalen, Experten und Kommentatoren wollen und müssen ihr Wissen weitergeben. Und so schreiben und reden sie.

Auch Deutschland ist da keine Ausnahme - und so setzte nach dem 2:1-Zittersieg im WM-Achtelfinale gegen Algerien verstärktes Genörgel ein. Angriffspunkte sind vor allem die Startaufstellung von Teamchef Joachim Löw sowie das angeblich mangelnde Selbstbewusstsein der DFB-Elf.

Beispiel eins: Andreas Brehme, Schütze des Siegestreffers beim Finalsieg von 1990. "Schweinsteiger und Sami Khedira kann man sehr wohl nebeneinander spielen lassen. Wenn beide fit sind, sind sie eine Bereicherung für die deutsche Mannschaft", schrieb der frühere Profi.

Gegenüber dem Wettanbieter Betsafe wurde er noch deutlicher. "Sami Khedira hat völlig recht mit seiner Forderung, schneller zu spielen", so der 53-Jährige, der dennoch den Titel noch nicht abschreibt. "Auch wenn ich ganz klar sagen muss, dass wir damals 1990 deutlich selbstbewusster aufgetreten sind."

Beispiel zwei: Felix Magath. Auch der Fulham-Coach hält Löws Startformation für falsch. "Für mich ist Höwedes kein Linksverteidiger. Er hat nicht die Fähigkeiten, auf dieser Position das Spiel positiv zu beeinflussen", so Magath im ZDF. Stattdessen forderte er die Rückkehr von Philipp Lahm in den Abwehrverbund - auch gegen dessen Willen. "Es ist die eine Sache, was ein Spieler will. Doch entscheidender ist der Erfolg der Mannschaft - und dieses Team braucht Lahm auf der linken Seite dringender als im Mittelfeld."

Beispiel drei: Armin Veh. Der zum VfB Stuttgart zurückgekehrte Übungsleiter hadert nach Algerien ebenfalls mit der unsicheren Viererkette. "Dieses Spiel hat wieder gezeigt, dass Philipp Lahm Außenverteidiger spielen sollte. Einfach, weil er da der Beste ist, den wir haben", schrieb Veh in der "Frankfurter Neuen Presse". Lahm sollte allerdings links positioniert werden. "Ich kann keinen Sinn darin erkennen, dass Höwedes in der Nationalmannschaft links spielt, wenn er auf Schalke rechts spielt. Lahm dagegen kann beides - und zwar gut."

Heftige Kritik übte Veh vor dem Viertelfinale am Freitag gegen Frankreich (18.00 Uhr) auch am Flügelspiel. Das müsse "grundsätzlich besser werden, nur so können wir Druck aufbauen", sagte der VfB-Coach und forderte den Einsatz von André Schürrle. Für mehr Geschwindigkeit auf den Flanken sprach sich auch Stefan Effenberg (Beispiel vier) im Rahmen des WM-Talk bei "Bild" aus. "Das trifft bei Mesut Özil und Mario Götze nicht zu", sagte Effenberg und machte sich für Schürrle und Müller auf den Außenpositionen stark.

Ähnlich sah das auch - Beispiel fünf - Ex-Nationalkeeper Harald Schumacher. "Schürrle ist gesetzt", sagte der langjährige Schlussmann und nunmehrige Vizepräsident des 1. FC Köln. Auch Müller sollte außen spielen. Und vorn in der Mitte? "Da bleibt ja nur noch Klose", meinte Schumacher.

Löw selbst bleibt demgegenüber allem Anschein nach jedoch unbeeindruckt. "Ich habe meine Entscheidungen getroffen - auch was die Rolle von Philipp Lahm betrifft. Und dazu stehe ich bis zum Schluss", stellte der 54-Jährige in der Wochenzeitung "Die Zeit" klar.

Lahm werde nur die Position wechseln, "falls wir auf der rechten Seite ein akutes Problem im Spiel bekommen sollten", wird der Bundestrainer zitiert. Er hatte unter anderem wegen der mangelnden Fitness von Schweinsteiger und Khedira nach deren Verletzungspausen den Münchner als feste und verlässliche Größe ins defensive Mittelfeld gestellt.

Kein Verständnis hat Löw auch für den Umgang mit Özil: "Diese Art der öffentlichen Kritik ist für mich genauso unverständlich wie jene an Philipp Lahm. Mesut Özil war 2010 und 2012 der überragende Spieler des Turniers. Das kann ich doch nicht einfach vergessen", so Löw. Es werde "einiges eilig publiziert", es fehle "manchmal am richtigen Maß". (sid/red, 2.7.2014)