Im Iran sieht man die sechste und - geht es nach dem ursprünglichen Plan - letzte Runde der Wiener Atomgespräche mit einer Mischung aus Optimismus und Skepsis. Bis zum 20. Juli wollen die Verhandler des Iran auf der einen und der Uno-Vetomächte plus Deutschland auf der anderen Seite versuchen, ein endgültiges Abkommen zu formulieren.

Noch klaffen die Standpunkte in Kernpunkten auseinander, und der Iran und die USA sandten vor Beginn der Gespräche Signale aus, dass die Kompromissmöglichkeiten beschränkt sind. Der religiöse Führer (Ayatollah Ali Khamenei) sei mit jeder Einzelheit der Gespräche in Wien vertraut, und die Verhandler würden die von ihm auferlegte rote Linie nicht überschreiten, sagte der iranische Außenminister Javad Zarif bei einer Anhörung im Parlament in Teheran. Auch der Vorsitzende der außenpolitischen Gruppe im Parlament, Alaedin Borojerdi, bekräftigte die Position Zarifs und betonte, dass die Parlamentarier die Verhandlungsposition der iranischen Delegation in Wien voll unterstützen.

Sanktionen unwirksam

Während die meisten iranischen Medien mit Optimismus nach Wien blicken, warnt die konservative Zeitung "Keyhan" vor hohen Erwartungen und wirft den USA vor, nicht bereit zu sein, die legitimen Rechte Irans auf die friedliche Nutzung der Atomkraft anzuerkennen. Die Sanktionen gegen den Iran betreffend berief sich Präsident Hassan Rohani auf ein altes persisches Sprichwort, das besagt, dass ein gebrochener Krug nicht wieder vollständig zu reparieren sei: Der Inhalt dieses Kruges sei seit langem ausgelaufen, wie auch die Sanktionen gegen den Iran, sagte Rohani.

Im Iran rechnet man mit lang andauernden Verhandlungen in Wien, und, wie Zarif in mehreren Interviews betonte, auch eine eventuelle Verlängerung wird in Betracht gezogen, falls die Gespräche zu keiner Einigung führen. Eine Verlängerung der sechsmonatigen Verhandlungsperiode, die am 20. Juli ausläuft, ist theoretisch denkbar. Vizeaußenminister Abbas Araghchi, der die Verhandlungen in Wien führt, meinte am Vorabend seiner Reise, dass auch bilaterale Verhandlungen denkbar seien.

Wichtiger Tabubruch

Sollten die Wiener Atomgespräche scheitern, werden fast alle iranischen Medien im Gegensatz zu früheren Verhandlungen während der Regierungszeit von Mahmud Ahmadi-Nejad diesmal den Westen dafür verantwortlich machen. Vom guten Willen des Iran ist man in Teheran überzeugt.

Eines hat man aber auf alle Fälle bereits erreicht: Das Tabu, bilaterale Gespräche mit den USA zu führen, ist gebrochen. Gerade dieser Tabubruch veranlasst die iranische Öffentlichkeit, optimistisch auf die Wiener Verhandlungen zu blicken. Die USA werden als die treibende Kraft hinter allen Sanktionen gesehen, und wenn die Amerikaner mit dem Iran ins Gespräch kommen, dann ist auch ein Ausweg durchaus denkbar, heißt es in einem Kommentar in der Zeitung "Iran". Gleichzeitig wird aber betont, dass der Weg zu einer Übereinkunft lang und steinig sei. (Amir Loghmany aus Teheran, DER STANDARD, 3.7.2014)