Da schauen die alten Etrusker aus Volterra runter auf die Straßen im Hügelland: Wiedennwasdenn, ein Auto, das sich in die Kurve legt? Das hatten sie weiland, bei Beobachtung und prophetischer Deutung des Vogelflugs, nicht vorausgesehen. So was Ähnliches gab es bisher erst auf den Bahngeleisen zu sehen, beim Pendolino. Oder als Motorrad. Selbst kommt man am Steuer des S-Klasse Coupés mit "Magic Body Control (MBC) mit Kurvenneigefunktion" aber auch ins Staunen: Irre, was diesen Ingenieuren immer so einfällt.

foto: daimler

Mit Magie hat das weniger zu tun als mit schwäbischer Tüftelei. Hat man in der S-Klasse die vorausschauende Stereokamera schon mal eingebaut, die deren grandioses, Fahrbahnunebenheiten schluckendes Fahrwerk erst ermöglicht, müsste sich da doch noch mehr herausholen lassen. Nämlich: Kurvenneigefunktion.

foto: daimler

Anstatt dass das Auto zur Kurvenaußenseite wankt, heben seine vier Federbeine es mit ihren Hydraulikzylindern jeweils in die Gegenrichtung. Hoch das Bein also, aber andersrum: statt auf der Kurveninnen- auf der -außenseite. Bei Tempo 15 bis 180 km/h.

foto: daimler

Diese Weltneuheit kommt Anfang 2015 im S-Klasse Coupé mit Hinterradantrieb, wenig später auch mit Allrad, und damit zum nächsten Schmankerl, ja, das geht beim Daimler Schlag auf Schlag, der 9-Gang-Wandlerautomatik.

foto: daimler

Wurde klammheimlich, quasi probehalber, schon in der E-Klasse (E 350 Bluetec 9G-Tronic) lanciert, der richtig große Auftritt kommt aber erst jetzt mit dem S Coupé. Ebenfalls ab Anfang 2015 und ebenfalls zunächst bei den Hinterradlern; später dann auch bei den Allradlern (und in der S-Klasse Limousine).

foto: daimler

Die 9G-Tronic soll die derzeit weltbeste 8-Gang-Automatik von ZF toppen hinsichtlich Spritsparen und Schaltkomfort, aber wie sich das zweitürige Flaggschiff damit fährt, können wir noch nicht sagen, es war bei den Testfahrten noch nicht verfügbar.

foto: daimler

Verfügbar waren (und sind zum Markstart im Herbst) zwei Allradversionen mit V8-Aggregaten: 500 4matic (455 PS) und 63 AMG 4matic (585 PS). Beides hinsichtlich Performance und Klangbild wahre Kunststücke, beide auf ihre Art, der 500 souverän komfortabel, der AMG mit zusätzlich jederzeit abrufbarer "Option Rennpferd", könnte man sagen, sensationelle Maschine, sensationelles Auto, der AMG. Und beide lassen Größe und Masse vergessen.

foto: daimler

Generell zählt das S Coupé zur absoluten Speerspitze des derzeit technologisch Darstellbaren. Allein die Aufzählung der Assistenzsysteme würde die Seite füllen, es genüge der Hinweis: eines der sichersten Autos der Welt.

foto: daimler

Hinsichtlich Design fallen die Schlagworte besonders dicht, atemberaubend, sinnlich, Klarheit, Leckerbissen, alles irgendwie berechtigt. Zur Krönung lassen wir Entwicklungschef Jörg Bartels zu Wort kommen: "Perfekt ausgewogene Proportionen wie bei Michelangelos David" konzediert er dem Wagen bei der Präsentation in der Toskana.

foto: daimler

Das wirft Fragen auf. Stammt der Benz aus einem zerschlagenen Block Marmor? Nein, tut er nicht, auch wenn es ein Weiß wie aus Carrara gibt. War das Kunstwerk schon vorgeformt, wie Michelangelo meinte, schlummerte es als Idee bereits im Material und musste nur noch daraus befreit werden? Das müsste man die Designer fragen, wir haben's verabsäumt. Das Fahrzeug wirkt jedenfalls solide, wie aus dem Vollen gefräst.

foto: daimler

Wiegt das exquisite Luxusgefährt sechs Tonnen wie der David? Nein, ein Drittel, aber nur dank intensiven Leichtbaus, auch wenn das nicht so klingen mag. Orientierte man sich bei der Größe an Michelangelos Geniestreich? Statt dessen 5,17 misst das Coupé 5,03 Meter.

foto: daimler

Und hält es, wie der David in Florenz, Jahrhunderte? Ganz. Sicher. Nicht. Aber souverän, mit Tendenz zur Einzigartigkeit, das ist dieses Automobil gewiss - und außerdem, eh klar, praktisch unleistbar. Geschmack kann man zwar kaufen. Aber nicht jeder. (Andreas Stockinger, DER STANDARD, 4.7.2014)

Link

Mercedes-Benz

Hinweis im Sinne der redaktionellen Leitlinien: Die Teilnahme an internationalen Fahrzeug- und Technikpräsentationen erfolgt großteils auf Basis von Einladungen seitens der Automobilimporteure oder Hersteller. Diese stellen auch die hier zur Besprechung kommenden Testfahrzeuge zur Verfügung.

foto: daimler