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Hebron: ein Mann in der zerstörten Wohnung eines untergetauchten Tatverdächtigen, der an der Ermordung der Jugendlichen beteiligt gewesen sein soll.

Foto: AP / Nasser Shiyoukhi

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Am 12. Juni waren die drei jungen Männer verschwunden, am Montag wurden ihre Leichen schließlich gefunden.

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"Die Arbeitshypothese ist, dass die Burschen am Leben sind", hatte es zweieinhalb Wochen lang offiziell geheißen, während israelische Soldaten das südliche Westjordanland nach den drei verschwundenen Jugendlichen durchkämmten. Insgeheim waren sich die Experten in der Armee und beim Inlandsgeheimdienst Schabak aber sehr bald dessen bewusst, dass man nach Toten suchte.

Für die Menschen in Israel war es dann ein Schock, als Montagabend bei Halhul nördlich von Hebron die unter Steinen und Ästen verscharrten Leichen der Religionsschüler gefunden wurden. Gilad Shaar und Naftali Frenkel, beide 16, und Eyal Yifrach, 19, waren offenbar schon kurz nach der Entführung am 12. Juni erschossen worden. "Die Hamas ist verantwortlich, und die Hamas wird dafür bezahlen", sagte Premier Benjamin Netanjahu laut einer Verlautbarung seiner Kanzlei.

Beobachter rechneten eher nicht mit einer großen Konfrontation zwischen Israel und der radikal-islamischen Palästinensergruppe. Die israelische Führung hatte von Anfang an die Hamas beschuldigt, hinter der Entführung zu stehen. Deren Funktionäre hatten das weder bestätigt noch bestritten, die Entführung aber grundsätzlich gutgeheißen.

In der Nacht auf Dienstag hatte Netanjahu sein Sicherheitskabinett einberufen. Nach einer dreistündigen Debatte, die stürmisch verlaufen sein soll, wurden aber offenbar noch keine Entscheidungen getroffen. Die Vertreter des Sicherheitsapparats hatten eine relativ zurückhaltende Reaktion empfohlen, und Verteidigungsminister Moshe Yaalon wurde mit der Aussage zitiert: "Wir müssen aus dem Kopf und nicht aus dem Bauch heraus reagieren." Mindestens zwei Minister haben härtere Schläge gegen die Hamas gefordert. In der Nacht griff Israel aus der Luft 34 "Terrorziele" im Gazastreifen an. Das hatte aber nicht direkt mit der Ermordung der drei Jugendlichen zu tun, sondern war eine Reaktion auf rund 20 Raketen, die allein seit Sonntag auf Südisrael abgeschossen worden waren.

Rufe nach harter Reaktion

Im Westjordanland ging die Suche nach den Tätern weiter. Offenbar als Reaktion auf die Auffindung der Leichen wurden Teile der Häuser von zwei Hamas-Leuten zerstört, die Israel für die Entführer hält - sie waren seit dem Bekanntwerden der Entführung unauffindbar gewesen. Rechtsgerichtete israelische Politiker haben Straf- und Abschreckungsmaßnahmen gegen die Hamas verlangt. Dabei war davon die Rede, Familien der Täter abzuschieben. Spekuliert wurde auch über gezielte Schläge gegen die Hamas-Führung, und es galt als möglich, dass Israel neue Bauprojekte im Westjordanland ankündigt.

In Gaza stellte Hamas-Sprecher Sami Abu Suhri infrage, dass es überhaupt eine Entführung gegeben habe: "Die israelische Besatzung versucht, dieses Märchen zu benützen, um eine Aggression gegen die Palästinenser zu auszuüben", sagte er. Aus Jerusalem wiederum kamen Vorwürfe und Appelle an die Adresse von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, der nach einer innerpalästinensischen "Aussöhnung" vor einem Monat im Einvernehmen mit der Hamas eine neue Regierung bestellt hat. "Diese Gräueltat ist das direkte Ergebnis der Entscheidung von Präsident Abbas, sich mit der Hamas zu vereinigen", sagte Israels Regierungssprecher Mark Regev. Er rief Abbas auf, die Allianz zu beenden, denn "er kann nicht beanspruchen, ein Friedenspartner zu sein, wenn er einen Pakt mit diesen Kindermördern hat". (Ben Segenreich aus Tel Aviv, DER STANDARD, 2.7.2014)