Vielleicht hätte ich mir die Einladung ein bisserl genauer ansehen sollen. Andererseits: Dann hätte ich jetzt keinen Trainingsplan, bei dem mir die Ohren schon beim Hinschauen schlackern. Schlackern ist gut. Weil es das Gegenteil von "More of the same" ist – auch wenn ich keine Ahnung habe, wie ich das, was mir Sandrina Illes in eine Excel-Tabelle gepackt hat, auf die Reihe kriegen soll.

Foto: Thomas Rottenberg

Aber der Reihe nach. Denn die Sache mit dem Trainingsplan, den mir die Duathletin und frischgebackene Bronzemedaillengewinnerin der Berglauf-Staatsmeisterschaft gerade gebastelt hat, ist nur der letzte Punkt der Kleinigkeiten der vergangenen Woche.

Punkt 1: Noch einmal Uhren

Da war zunächst einmal das Mail der Polar-Servicemenschen: Nach dem Test des V800 (siehe hier) besorgte ich mir nämlich den zur Uhr passenden Fuß-Lauf-Sensor und lief mit meiner Favourite Laufkumpanin vom Steinhof zum Cobenzl.

Foto: Thomas Rottenberg

Schließlich haben wir beide Mitte August beim Mühlviertel-8000-Staffelevent die 15-Kilometer-Bergetappe ausgefasst – und unlängst, als wir uns das Streckenprofil ausarbeiteten, die Krise bekommen: Wir sind im Bergauflaufen etwa so versiert wie als Astronauten. Und ganz ohne Übung sind 600 Höhenmeter eher furchteinflößend als lustig.

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Steinhof – Cobenzl passt da: knapp mehr als 15 Kilometer. Knapp weniger als 600 Höhenmeter. 580, sagte die frisch mit dem Fuß-Pod gekoppelte Polar V800 danach. Bloß: Die Uhr der Dame, die mit mir gelaufen war, zeigte einen Kilometer weniger. Dafür weit mehr als 600 Höhenmeter. Dabei hatte meine Buddy beim Hinauflaufen auf die Jubiläumswarte den Tracker ihrer Polar RCX3 ausgeschaltet.

Beide Uhren gelten als High-End-Stuff aus der gleichen Schmiede. Und auch wenn die Abweichungen eigentlich irrelevant sind, wollten wir doch wissen, welches Ergebnis (eher) stimmt.

"Zuallererst", schrieben die Polar-Serviceleute, "die Ergebnisse der V800 sind mit Sicherheit genauer als die der RCX3. Das hat, was das GPS betrifft, zum einen den Grund, dass die GPS-Version der V800 jede Sekunde aufzeichnet und der externe GPS-Sensor der RCX3 nur alle fünf Sekunden. (...) Weiters ist das eingebaute GPS beim V800 barometrisch, bei der RCX3 werden die Höhendaten über Google Maps bezogen. (...) Grundsätzlich ist die Aufzeichnung mit einem Laufsensor immer genauer als die mit einem GPS-Sensor. Alles in allem: Die V800 mit barometrischem Höhenmesser und Laufsensor misst in jedem Fall genauer als die RCX3 mit GPS."

Foto: Thomas Rottenberg

Soll sein. Trotzdem bin ich mir nicht sicher, ob ich im November beim New-York-Marathon mit der V800 starten will: Die Uhr wird mir zwar von Einsatz zu Einsatz sympathischer – aber die Fenix 2 von Garmin kann doch ein gefühltes Alzerl mehr, erspart mir durch den Bewegungssensor im Brustgurt das Herumwursteln mit dem Polar-Fußpod und hat am Computer die optisch bessere Aufbereitung der Laufdaten. Wegen der bis dato inexistenten Share- und Exportfunktionen der V800 erklärte mir am Wochenende sogar ein Trainer (und Händler), der seit Jahren Polar-Partner ist, dass es "vielleicht ganz gut ist, dass die Uhr de facto noch nicht lieferbar ist".

Auf den beiden Uhren selbst sieht das aber anders aus. Das V800-Display kommt nicht nur Schasaugerten wie mir mehr entgegen als das der Fenix 2: Kontraste, klares Schriftbild und Schriftgröße – drei Start-Ziel-Siege für Polar. Auch bei der Garmin-Uhr kann man den Kontrast verstellen. Angeblich. Aber ich bin wohl zu blöd dafür. Außerdem ist das Abrufen der Laufergebnisse (wieder: auf der Uhr selbst) langwierig und unübersichtlich. Im Vergleich der Smartphone-Apps liegt Garmin wieder vorne: detailreicher, übersichtlicher und vor allem zuverlässig. Die Bluetooth-(nicht)-Verbindung zwischen Polar und iPhone 5S funktionierte anfangs auch super, treibt mich aber seit einer Woche in den Wahnsinn.

Punkt 2: Events

Aber New York ist schließlich erst am 2. November. Und auch wenn Runners-Unlimited-Kopf Andy Perer mir vergangene Woche definitiv zusagte, dass ich mit dabei sein würde, ist da noch eine Menge Zeit. Zeit, mir ein paar der über hundert anderen Österreicher und Österreicherinnen anzusehen, die statt über die Startnummern-Lotterie über ein Rundum-sorglos-Reisebüropaket zum Start in Manhattan kommen. (Laufen muss trotzdem jeder selbst.)

Bis dahin stehen nicht nur 1.001 Trainingskilometer, sondern auch ein paar Events an: Der Wachaumarathon (14.9.) und die Mühlviertler Staffel (eben der MV8000, 16.8.) sowie der Colourrun (24.8.) machen mir da keine Angst – ganz im Gegensatz zum eingangs erwähnten Gore-Viertagesevent Ende Juli.

Denn als mich die PR-Leute des Herstellers der (fast) omnipräsenten Gore-Outdoor-Membran im Spätwinter zum Alpine Quattrathlon einluden, sagte ich rasch "Ja, ja, gern" – und vergaß den Spaß wieder: eine Journalistenstaffel als PR-Gag bei einem Outdoor-Bewerb halt. Oder so. Dachte ich. Falls ich dachte.

Vor zwei Wochen kam dann der Outfit-Größen-Fragebogen. Und ich sah zum ersten Mal auf den Plan: 25 Kilometer Trail. 140 Kilometer Straßenrad. 45 Kilometer Mountainbike. 30 Kilometer Straßenlauf – alles mit anständigen Höhenmetern. Von Warth über Lech nach Graun, dann nach Mals – und zuletzt nach Latsch. Mir brach kalte Schweiß aus. Absagen? No way!

Punkt 3: Sandrina Illes

Blöderweise habe ich vom Mountainbiken gar keinen und vom Rennradfahren fast keinen Schimmer.

Foto: Thomas Rottenberg

Hier kommt Sandrina Illes ins Spiel: Ich kenne sie, weil sie orthopädische Lauf- und Fußanalysen macht. Außerdem hat sie einer Freundin, die kürzlich zusätzlich zum Laufen aufs Mountainbike kam, einen Plan gemacht, der die Gecoachte nicht nur glücklich, sondern auch mit freiem Auge erkennbar schneller und ausdauernder macht.

Foto: www.sandrina-illes.at

Drittens gehört sie als Duathletin genau dort zur österreichischen Spitze, wo ich herumdilletiere – und viertens lasse ich mir lieber von Frauen als von Männern die Welt erklären. Kurz gesagt: Illes kann, was ich brauche – und so saß ich letzten Freitag bei ihr.

Foto: Thomas Rottenberg

"Bitte zweimal Laufen und einmal Radfahren", bestellte ich: Aufs MTB würde ich verzichten. Erstens, um eine Pause zu haben. Zweitens, weil ich mich nicht verletzten will, weil ich ahnungslos bin. Illes sah mich an: "Weißt du, worauf du dich einlässt?" Gegenfrage: "Will ich es wissen?" Sie lachte: "Okay, du kriegst einen Plan." Ob es okay sei, wenn der erst am Montag vorläge – am Wochenende sei nämlich Berglauf-Staatsmeisterschaft. Da müsse sie hin. Nur so zum Spaß. Ich solle am Wochenende halt ein bisserl Rad fahren und laufen. Langsamer als sonst. Ohne Ehrgeiz. Ich würde meine Kraft noch brauchen ...

Am Montag kam dann eine Mail. Von wegen "nur so zum Spaß" zu den Berglauf-Staatmeisterschaften: Illes hat Bronze gemacht. Noch als ich das Gratulationsmail tippte, kam der Plan. Mein Plan. Seither schlackern mir die Ohren: Ich weiß zwar noch immer nicht, ob ich wirklich wissen will, worauf ich mich gerade einlasse. Aber Intensität und Umfänge verraten mir, dass ich ein bisserl spät dran bin. Andererseits: Es gar nicht erst zu versuchen wäre zu einfach. Das schafft nämlich jeder. (Thomas Rottenberg, derStandard.at, 1.7.2014)


Was Thomas Rottenberg sonst noch treibt: derrottenberg.com