Selbst wenn der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck fände, es sei ein bisserl gierig von den Bundestagsabgeordneten, sich in den nächsten sechs Monaten 830 Euro zusätzlich an Aufwandsentschädigung zu genehmigen, er könnte dagegen nichts machen.

Denn das deutsche Staatsoberhaupt darf (wie auch das österreichische) den Inhalt von Gesetzen nicht verändern, es hat "nur" die Aufgabe, ihre Verfassungsmäßigkeit vor der Unterschrift zu prüfen. Dass dieses Recht, wie oft beklagt, nicht unbedingt ein stumpfes Schwert ist, zeigt sich nun im Fall der Diätenerhöhung für die Abgeordneten.

Damit kein Missverständnis entsteht: Wenn hart arbeitende Abgeordnete mehr Geld bekommen sollen, dann muss man das nicht per se verdammen. Peinlich aber ist es, wenn ausgerechnet bei einem Gesetz, das den Abgeordneten Vorteile verschaffen soll, der Eindruck entsteht, da sei nicht sauber gearbeitet worden.

Gauck hat nicht nur verfassungsrechtliche Bedenken, er beklagt auch, dass er die Materie sehr spät auf den Tisch bekam. Es ist gut, dass er dem Druck der großen Koalition standgehalten hat und sorgfältig prüft. Es geht schließlich um das Steuergeld von Bürgern.

Gauck gibt auch ein Signal, das nicht falsch sein kann, wenn, wie in Deutschland, eine sehr große Koalition einer sehr kleinen Opposition scheinbar übermächtig gegenübersteht: Es gibt noch jemanden, der euch im Blick hat. (Birgit Baumann, DER STANDARD, 1.7.2014)