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Lesen in Klagenfurt: Gertraud Klemm, die vor kurzem den Roman "Herzmilch" vorlegte.

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Tex Rubinowitz

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Olga Flor

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Wien - Groucho Marx sagte einmal zu einem Mann mit sechs Kindern: "Ich rauche gern Zigarre, aber ich weiß, wann ich es lassen muss." Man könnte auch sagen: Wer nicht aufhören kann, muss weitermachen. Weiter geht es auch mit den heuer zum 38. Mal im Klagenfurter ORF-Theater ausgerichteten "Tagen der deutschsprachigen Literatur", wie der Bachmannpreis seit dem Protest der Geschwister Ingeborg Bachmanns gegen die schwarz-blaue Regierung im Jahr 2000 heißt.

Vergangenes Jahr noch hatte ORF-Direktor Alexander Wrabetz mit seiner Drohung, der Bachmannpreis könnte allfälligen Sparmaßnahmen zum Opfer fallen, den Klagenfurter Literaturwettbewerb wochenlang auf der medialen Agenda gehalten. Bei der Preisverleihung nahm Wrabetz dann alles zurück. Der Preis, hieß es, werde weiterleben. Noch. Dass es ein Jahr später so ruhig um das Wettlesen bleibt, ist vielleicht kein allzu gutes Zeichen. Zumal Wrabetz eine "Weiterentwicklung" der Veranstaltung androhte.

Viele fürchten seither eine weitere Popularisierung dieser ohnehin schon reichlich niederschwelligen Castingshow für Hochleistungsprosa, bei der 14 Autoren - live von 3sat übertragen - vor Publikum einer siebenköpfigen Jury ihre Texte präsentieren. Das Groucho-Marx-Zitat am Anfang des Artikels ist übrigens einem Essay entnommen, den der britische Autor Will Self vor gut einem Monat in der Zeitung Die Welt publizierte. Sein Titel: Der Roman ist tot (jetzt aber wirklich). Das haben auch andere schon behauptet. Zudem ist Selfs Lamento, dass heute von Publikum wie Literaturkritik ein zunehmender Widerstand gegen alles, was - nicht nur ästhetisch - schwierig ist, festzustellen sei, nicht wirklich nagelneu.

Schreibschul-Literatur

Trotzdem ist der Essay des Briten gerade mit Blick auf den Bachmannpreis lesenswert, vor allem in jenen Passagen gegen Ende des Textes, in denen sich Self mit den Bedingungen, unter denen Literatur entsteht, und der Klasse jenes bestens ausgebildeten intellektuellen Prekariats auseinandersetzt, das zunehmend in Studiengängen des kreativen Schreibens anzutreffen sei. Ziel vieler Absolventen dieser Kurse sei es nicht - Self spricht von einem "literarischen Stilllegungsplan" -, Schriftsteller zu werden, sondern Dozent an einer Schreibschule.

Beim Bachmannpreis Ausgabe 2014 sind weniger Absolventen jener Schreibschulen in Leipzig und Hildesheim am Start, als es auch schon der Fall war. Zudem bietet das Autoren-Line-up einige zusätzliche Überraschungen. So wird etwa mit Tex Rubinowitz ein Autor antreten, der zwar schon vier Bücher vorgelegt hat, aber immer noch primär als "Witzezeichner" wahrgenommen wird.

Auch auf die Lesung des 1984 in Sri Lanka geborenen, in Berlin lebenden Senthuran Varatharajah darf man gespannt sein. Oder besser gesagt, man muss darauf gespannt sein, denn die Ankündigung vermerkt zu ihm trocken: "Keine literarische Veröffentlichungen." Eröffnet werden die Tage der deutschsprachigen Literatur am Mittwochabend, an dem auch die Lesereihenfolge ausgelost wird, von der Kärntner Autorin und Bachmannpreisträgerin Maja Haderlap. Der Titel ihrer Klagenfurter Rede zur Literatur lautet: "Im Licht der Sprache". (Stefan Gmünder, DER STANDARD, 1.7.2014)