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James Rodríguez zeigte nicht nur im Achtelfinale gegen Uruguay, welch begnadeter Kicker er ist. Ein ganzes Land liegt Kolumbiens Jungstar zu Füßen.

Foto: APA/AGUILAR

Rio de Janeiro - Nach seiner Ausnahmevorstellung im Achtelfinale gegen Uruguay musste James Rodríguez erst einmal zum Friseur. In seine Haare waren bis dahin drei Kerben einrasiert - für drei erzielte WM-Treffer. Er hat jetzt fünf, übernahm vorläufig die Führung in der Torschützenliste. Vor Neymar, Thomas Müller und Lionel Messi.

Beide Treffer bei Kolumbiens souveränem 2:0-Erfolg gingen auf das Konto des 22-Jährigen. Für den ersten könnte die Kerbe besonders breit sein. Traumtor darf es schon genannt werden. Es ging so: Rodríguez nimmt eine Kopfballvorlage von Abel Aguilar mit der Brust an, schießt aus 24 Metern Entfernung aus der Drehung, der Ball landet via Unterkante der Latte im Tor. "Mit Abstand das beste Tor der WM", sagte Radamel Falcao, Kolumbiens verletzter Stürmerstar. Rodríguez lässt dessen Fehlen fast vergessen.

In Kolumbien überschlugen sich die Medien mit Lobeshymnen. "Dieses Tor wird nie vergessen werden. Das war pure Magie", schrieb die größte Tageszeitung des Landes, El tiempo. El espectador sah einen Treffer von solcher Schönheit, "dass er in eine Kunstausstellung gehört".

Shakiras Dank

Und Kolumbiens argentinischer Coach José Pekerman findet: "Er hat alles, um ein Weltklasse-Spieler zu sein. Ich hatte nie Zweifel, dass das seine WM werden würde." Selbst Óscar Tabárez, Trainer der unterlegenen Uruguayer, denen der gesperrte Luis Suárez nach seiner Bissattacke schmerzlich fehlte, stimmte mit ein in die Lobeshymnen auf den Jungstar der Cafeteros: "Er ist ein Talent wie Messi, Maradona, Suárez. Diese Spieler haben eine Gabe, die sie zu etwas Besonderem macht."

Zu Hause hüpfte Staatspräsident Juan Manuel Santos im Nationaltrikot vor lauter Glück auf und ab. Kolumbiens Popstar Shakira schrieb: "Riesendank, James!"

Im Viertelfinale kommt es zum Aufeinandertreffen mit Neymar, Brasiliens gleichaltrigem Ausnahmekönner. Rodríguez will dann "auf den Platz gehen, um zu gewinnen". Das tat er bisher immer bei dieser WM, wo Kolumbien schon einen Sieg mehr feiern konnte als bei den vier vorherigen WM-Teilnahmen zusammen (drei). Als erster Südamerikaner seit Pelé 1958 erreichte er die Marke von sieben Scorerpunkten in nur vier Spielen. Für Kolumbiens bisher größten Erfolg bei einer WM - bis dahin war der Achtelfinaleinzug bei der WM 1990 das Beste - zeichnete der 22-Jährige hauptverantwortlich.

Wunschziele

45 Millionen Euro ließ sich der AS Monaco Rodríguez' Dienste im vergangenen Sommer kosten, dessen Sehnsuchtsort aber Spanien ist. "Ich ziehe Real Madrid dem FC Barcelona vor", ließ er wissen. Vorerst aber ist der Sehnsuchtsort Belo Horizonte. Dort findet am 8. Juli das erste Halbfinale statt. Rodríguez: "Für uns soll das Viertelfinale noch nicht das Ende der Reise sein." Platz für weitere Kerben im Haar sollten sich finden lassen. "Wir wollen mehr, wir wollen den Titel", sagte er noch. Finale, 13. Juli, Rio de Janeiro. (sid, rie, DER STANDARD, 30.6.2014)