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Der Boom von Solaranlagen und Windparks in Deutschland hat den Strompreis in die Höhe getrieben. Mit dem neuen Gesetz will die Regierung gegensteuern und Förderungen kappen.

Foto: apa/Karl-Josef Hildenbrand

Berlin - Sigmar Gabriel, deutscher Wirtschaftsminister, Vizekanzler und Chef der SPD, lächelt zufrieden, als er Freitagmittag bei der namentlichen Stimmabgabe im Bundestag sein Kärtchen in die Urne wirft. Sein "Baby", nämlich die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), nimmt an diesem Tag eine wichtige Hürde und wird vom Parlament beschlossen.

Hinter dem etwas sperrigen Namen verbirgt sich keine Kleinigkeit. Die Regierung will versuchen, die von Angela Merkel 2011 nach dem Reaktorunglück in Fukushima ausgerufene Energiewende (weg vom Atomstrom, hin zu erneuerbaren Energiequellen) in den Griff zu bekommen: Bis 2025 soll der Anteil erneuerbarer Energien am deutschen Strommix von 25 auf 40 Prozent steigen. Österreichs Industrie profitiert von den tiefen Großhandelspreisen, die Zeche zahlen die Deutschen.

Um den Strompreisanstieg (über die EEG-Umlage) in Deutschland zu bremsen, werden die Förderungen für Windparks, Solarenergie und Biogasanlagen nun gekürzt. "Wir müssen dafür sorgen, dass die Kosten nicht weiter steigen", sagt Gabriel. Daher sollen ab dem 1. August auch jene mit einer Art "Energie-Soli" die EEG-Umlage von 6,24 Cent pro Kilowattstunde zahlen, die Eigenstrom erzeugen.

In diesem Punkt hatte Brüssel in der Vorwoche Druck gemacht. Gabriel musste sein Werk nachbessern und hineinschreiben, dass Industriebetriebe, die sich selbst versorgen, doch mehr zahlen müssen als zunächst geplant.

EU sieht unerlaubten Zoll

Dennoch ist die EU-Kommission mit dem Gesetz nicht zufrieden. Ihr missfällt, dass Deutschland ausländische Stromerzeuger zwar nicht fördern will, ihnen aber beim Import von Strom nach Deutschland die EEG-Umlage aufdrückt. Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia sieht darin einen unerlaubten Zoll.

Doch Berlin will hart bleiben. Kritik kommt nicht nur von Gabriel, sondern auch von Kanzlerin Angela Merkel. Sie kritisierte im Bundestag, Brüssel könne doch nicht einfach "jahrelange Fördersysteme infrage stellen, ohne sich zu überlegen, wie man die Übergänge schafft". Und Unionsfraktionsvorsitzender Volker Kauder (CDU) sieht einen "sehr unfreundlichen Akt" der EU-Kommission gegenüber Deutschland.

Mit Spannung erwartet die deutsche Regierung daher ein Urteil, das der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Dienstag fällen will. Geklagt hat ein finnischer Windparkbetreiber, der direkt an das schwedische Stromnetz angebunden ist. Er bekommt aber von Schweden keine Förderung für seinen Ökostrom. Der zuständige Rechtsgutachter am EuGH sieht darin den Grundsatz des freien Warenverkehrs verletzt. (Birgit Baumann aus Berlin, DER STANDARD, 28.6.2014)