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Die sogenannte "Kuvertmedizin" koste bis zu drei Milliarden Euro, sagt Transparency und fordert die Politik zum Kampf gegen Bestechung im Gesundheitssystem auf.

Foto: dpa/Pleul

Seit zwei Jahren soll in Österreich Korruption härter bestraft werden – doch es passiere noch viel zu wenig, kritisiert Transparency International (TI). Vor allem im Gesundheitssektor gebe es "schwarze Schafe". Bis zu drei Milliarden Euro versickern laut TI Österreich in Korruption im medizinischen Bereich – etwa wenn Ärzte Schwarzgeld fordern, um kurzfristige Operationstermine zu vergeben. Der dadurch entstehende Schaden belaufe sich auf bis zu zehn Prozent der Gesundheitsausgaben.

"Es gibt die Kuvert-Medizin", sagte Geiblinger bei der Präsentation des Forderungskatalogs von Transparency International Österreich am Freitag. Es sei "erschreckend, für wie wenig Geld sich Menschen korrumpieren lassen". Die Antikorruptionsorganisation fordert daher Transparenz bei der Beschaffung von Medizinprodukten und Großgeräten, aber auch ein Hinweisgebersystem ("Whistleblowing-Hotline") im Gesundheitswesen sowie die Offenlegung materieller Zuwendungen bei Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen.

Mehr Schutz für Hinweisgeber

Für aufmerksame Menschen, die den Behörden anonyme Hinweise auf Korruption geben, solle es mehr Schutz geben, heißt es im Forderungskatalog, der am Freitag an Regierung und Nationalrat geschickt wird. Diese Whistleblower sollten keine Nachteile befürchten dürfen, wenn sie Missstände an Behörden melden. Im vergangenen Jahr seien 1.700 derartige Hinweise bei der Meldestelle des Bundesamts für Korruptionsbekämpfung eingegangen, hatte Eva Geiblinger, TI-Österreich-Chefin, Freitagfrüh bereits im Ö1-"Morgenjournal" gesagt.

Die Anti-Korruptions-Organisation fordert auch, dass das Lobbyistenregister ausgeweitet wird. "Warum nicht Sozialversicherungsträger, warum nicht Kirchen, warum nicht Städte- und Gemeindebund? Warum wollen die alle vom Gesetz ausgenommen werden?", fragte Geiblinger im "Morgenjournal".

Lücken im Parteiengesetz schließen

Beim neuen Parteiengesetz begrüßt Geiblinger zwar ausdrücklich die eingeführte Transparenz bei Spenden und Sponsorings, fordert aber das Schließen von Lücken: So müssen Spenden an Regierungsmitglieder nicht offengelegt werden und der Rechnungshof darf die Buchhaltung der Parteien nicht prüfen.

Angesichts der laufenden Reform der Strafprozessordnung pochte Transparency auch einmal mehr auf die Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaften. Beiratspräsidentin Bettina Knötzl drängte außerdem auf die Anhebung der Strafen für kriminelle Unternehmen. Firmen können seit 2006 für Straftaten belangt werden, allerdings sind die nach dem "Verbandsverantwortlichkeitsgesetz" möglichen Geldbußen für Knötzl zu gering. So können beispielsweise der Untreue schuldige Manager bis zu zehn Jahre ins Gefängnis wandern, während ein Unternehmen maximal 1,3 Millionen Euro bezahlen müsse.

Geld für Antikorruptions-NGOs

Einen Teil der durch höhere Geldbußen lukrierten Mittel will Tranparency für NGOs gewidmet wissen, die sich dem Kampf gegen Korruption widmen. In Deutschland seien Geldbußen in Folge von Korruption nicht nur an den Staat zu leisten, sondern da seien auch Zahlungen an NGOs wie etwa auch Transparency International vorgesehen, heißt es in dem Forderungskatalog.

"Kein Kavaliersdelikt"

Generell wünscht sich die Chefin von Transparency-International-Österreich ein Umdenken in der Gesellschaft bezüglich Korruption und dem "Schmieren" von Amtsträgern. "Wir müssen weg vom Kavaliersdelikt, wieder hin dazu, dass das eine strafrechtliche Tat ist. Und wir müssen weg von diesem Killerargument, man schade ja niemandem. Denn es schadet uns allen", sagte Geiblinger. Transparency arbeite deshalb mit Schulen und Universitäten zusammen, um das Bewusstsein der jungen Menschen zu schulen. (red, APA, derStandard.at, 27.6.2014)