Eli Wallach bei der Oscar-Verleihung 2011 mit seiner Frau Anne Jackson.

New York/Wien - In Oliver Stones Wall Street: Geld schläft nicht (2010) gibt es eine unvergessliche Szene, in der ein Veteran der Finanzbranche einen historischen Vergleich zieht, der auf eigener Anschauung beruht: Jules "Julie" Steinhardt kann sich auf dem Höhepunkt der Finanzkrise von 2008 noch an den großen Crash von 1929 erinnern. Der Schauspieler für diese Rolle musste entsprechend auch schon biblisches Alter haben. Eli Wallach war fast 95, als er sich mit dieser Figur, deren Markenzeichen ein sinistres Pfeifen ist, noch einmal in die Filmgeschichte eintrug.

Es war mehr als ein halbes Jahrhundert, nachdem er mit einer Hauptrolle in Elia Kazans Baby Doll (1956) debütiert hatte, als Silva Vacarro, der dem unappetitlichen Archie Lee die Kindfrau abspenstig macht. "Ich komme aus einem alten Land, in dem Männer ihr eigenes Recht setzen", sagt Vacarro dort, und er sagt es mit einer Mischung aus kindlichem Übermut und steinalter Arroganz, die perfekt dem hysterischen Tonfall des ganzen Films entspricht.

Dass Wallach da mit "method acting" weit kam, muss bezweifelt werden. Und doch war das die Schule, der er angehörte, ein New Yorker Jude aus Brooklyn, der im Actor's Studio lernte und 1945 am Broadway debütierte. Es folgten mehrere Jahre beim Fernsehen, bevor er Mitte der 1950er-Jahre in das enorm produktive Kino der zu Ende gehenden Hollywood-Klassik fand. Er war für die Rolle des Maggio in From Here to Eternity vorgesehen, auf Grundlage eines Stücks vom Tennessee Williams, mit dem er befreundet war. Es war schließlich Frank Sinatra, der Maggio spielte, doch Wallachs Karriere tat das keinen Abbruch.

1960 zählte er zum Ensemble von Die glorreichen Sieben, er spielte den mexikanischen Banditen Calvera, vertrat also die Seite, gegen die sich hier eine Runde versprengter Männer auf die Seite des Volkes stellt. Wallach spielte den Feudalisten, auch daran konnte er bei Stone spät noch einmal anschließen.

Im Bett mit Clint Eastwood

Der Automechaniker, den er 1961 in Misfits spielte, passte da schon eher in das Profil seiner Karriere: ein argloser Typ, neben dem der verwitterte Clark Gable neurotische Strahlkraft entwickelte, auf die Marilyn Monroe reagieren konnte. Erst in Sergio Leones Italo-Western The Good, the Bad and the Ugly konnte auch Wallach eine vielschichtigere Figur spielen, Tuco, zu dessen Komplexität auch eine große Einfalt beiträgt. Joe Pesci, der Gottseibeiuns von Robert De Niro, müsste diesen hässlichen Tuco eigentlich genau studiert haben, und Wallach war um eine Ankedote reicher: Er war vermutlich der einzige Mann in Hollywood, erzählte er gern, der mit Clint Eastwood im Bett war.

Obwohl seine Filmographie über 150 Titel umfasst, darunter noch einen Auftritt in Der Pate III, lebte er in seinen späteren Jahren in relativ bescheidenen Verhältnissen in New York. Er war 62 Jahre mit Anne Jackson, mit der er am Broadway gespielt hatte, verheiratet, und hatte drei Kinder. 2010 verlieh ihm die Academy of Motion Picture Arts and Sciences einen Oscar für sein Lebenswerk. Am Dienstag ist Eli Wallach im Alter von 98 Jahren gestorben. (Bert Rebhandl, DER STANDARD, 26.6.2014)