Cross-Over-Trendsetter Honda schärft 2014 die Fireblade nach – und bringt für Racer die zugespitzte SP als Ringgerät mit Straßenzulassung

Der Markt für Supersport-Motorräder floriert derzeit wie der für Pitralon, Faxgeräte und Bundfaltenhosen. War es vor ein paar Jahren noch unabdingbar, dass man als Motorrad-Hersteller ein Renngerät im Portfolio hat, das mit mehr Leistung als Gewicht für große Augen sorgt, ist diese Zeit nun vorbei. Die Trends liegen ganz wo anders.

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Etwa in der Elektromobilität, die zwar am Markt auch noch nicht entscheidend Fuß gefasst hat, aber wenn selbst Harley-Davidson neuerdings einen E-Cruiser in die Kunden-Testphase schickt und gleich mehrere Bikes erst über die Route 66 und dann auch durch Europa und Asien surren lässt, dann lässt sich diese Entwicklung wirklich nicht mehr ignorieren.

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Ein weiterer Trend geht hin zum Roller. Da dominiert zumindest in Österreich ganz klar Vespa. Die Italiener bauen schlicht die schönsten Scooter, die sich durch die Lifestyle-Philosophie quasi von selbst verkaufen. Die besseren Roller kommen aber eindeutig aus Japan, wie der sportliche T-Max von Yamaha oder vermutlich immer noch der beste Scooter am Markt von Honda, der Sh 300 i. Aber jetzt einmal ehrlich. So perfekt wie sich der Sh fährt, so uncool schaut man drauf aus, wenn man sich damit vorm Wirten einbremst.

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Honda gibt aber nicht nur bei den Rollern den Ton an, sondern auch beim Cross-Over-Trend (siehe etwa die außergewöhnliche Vultus). Die Japaner mischen seit Jahren Tourer und Cruiser mit Scootern. Zudem sind sie die einzigen, die im Zweirad-Bereich ein Doppelkupplungsgetriebe anbieten, das wirklich alle Stückerln spielt, sich aber noch nicht so recht durchsetzen kann. Aber gut, das kennen wir auch von den Automobilen. Auch dort wird eine Automatik immer noch scheel angeschaut – weil ihr etwas Komfortables und Unsportliches anhaftet – was bei Motorrädern noch schwerer wiegt. Aber wer es einmal eine Tour lang probiert hat, wird anders denken.

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Anders denkt Honda auch im Supersport-Bereich. Nach 21 Jahren Fireblade überarbeitet Honda seine CBR 1000 RR heuer ein weiteres Mal, obwohl der Markt am Bauch liegt. Yamaha hat seine YZF-R1 seit Jahren nicht mehr angegriffen und das Geschäft der BMW S 1000 RR überlassen. Suzuki greift die Kilogixxen anscheinend auch nicht mehr an. Die KTM RC8 sieht man selten, und umfassende Updates sucht man überhaupt vergebens.

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Bleibt nur noch die Ducati Panigale und die BMW HP4. Wäre da eben nicht Honda, die 2014 die Fireblade noch einmal im Detail überarbeiten.

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Ohne es wohl überhaupt anzudenken, schafft Honda mit der Blade wieder einen Spagat, der schon fast an das Cross-Over-Konzept erinnert. Denn die Kilo-CBR ist nicht nur ein feiner Supersportler mit 181 PS, sondern lässt sich auch problemlos auf der Straße fahren.

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Da zuckelt man mit 50 km/h im vierten Gang durch die Stadt, wie man in der Zweiten mit über 150 km/h noch das Gas auf der Zwischengeraden aufreißt. Die Maschine, die auf der Isle of Man bei der TT einen Sieg nach dem anderen heim fährt, ruckelt auch in der 30er-Zone vor dem Eissalon nicht.

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Statt nur mit ein paar neuen Farben so zu tun, als wäre die Fireblade neu, überarbeitet Honda den Zylinderkopf des 16-Ventil-Reihenvierers mit 999,8 Kubikzentimeter. Die Lenkergriffe wandern nach außen, unten und vorne, die Fußrasten nach hinten. Damit wird die Sitzposition noch sportlicher, ohne unangenehm zu werden.

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Nur wer am Lenker lümmelt, statt seine Rumpfmuskulatur zu bemühen, wird auf der Wochenendtour von eingeschlafenen Händen erzählen können und outet sich damit als Big-Enduro-Anwärter. Sogar den Lenkungsdämpfer hat sich Honda noch einmal genau angeschaut und ihn so angepasst, dass er "bei niedrigem Tempo das Bike handlicher macht", wie die Techniker erklären, "bei höheren Geschwindigkeiten für mehr Stabilität sorgt."

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Herausragend ist aber das C-ABS. Es ist das gleiche System, das Honda seit 2010 in der IDM, seit 2011 in der Endurance WM einsetzt. Es basiert auf einem brake-by-wire-System, das ein Pulsieren am Hebel eliminiert.

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Mit der CBR 1000 RR Fireblade SP schärft Honda die Maschine für die Rundstrecke nach. Statt der Showa-Gabel hat die SP-Version eine noch größere Öhlins-Gabel und sogar das Federbein ist aus Schwedengold. Der Vier-Kolben-Monoblock kommt von Brembo und hat einen Bremsbelag, der eigens für den Supersport-Einsatz optimiert wurde. Und sogar der Auspuff wurde innen poliert, um dem Abgas keinen unnötigen Widerstand entgegenzusetzen. Die SP hat kleine Änderungen am Rahmen und an der Gabelbrücke.

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Die SP gibt es nur als Einsitzer – "weil an der Spitze nur Platz für einen ist", wie Honda sagt – in Wirklichkeit lässt sich so aber noch etwas an Gewicht einsparen. Damit bleibt sie unter 200 Kilogramm. Dafür kostet die SP um 3.400 Euro mehr als die 17.890 Euro teure 2014er-Fireblade. Ob sie den Aufpreis wert ist, kann jeder bei den Honda Speed Weekends testen. (Guido Gluschitsch, derStandard.at, 23.6.2014)

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Hinweis im Sinne der redaktionellen Leitlinien: Die Teilnahme an internationalen Fahrzeug- und Technikpräsentationen erfolgt großteils auf Basis von Einladungen seitens der Automobilimporteure oder Hersteller. Diese stellen auch die hier zur Besprechung kommenden Testfahrzeuge zur Verfügung.

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