Wien/Sofia - Die jüngste Drohung kam als SMS. "Ich gebe dir eine letzte Chance. Ich weiß, wo du bist. Lass mich keine dummen Sachen machen. Ich finde dich." Tswetan Wassilew, der bulgarische Banker, erhielt die Nachricht am Dienstagabend vergangene Woche auf seinem Handy. Wassilew war gerade geschäftlich in Wien und ist gleich hiergeblieben. Die Morddrohung stammt von seinem Ex-Geschäftspartner Deljan Peewski, so behauptet er.

Es soll nicht die erste sein. Am 22. Mai erhielt Wassilew, einer der größten, aber auch umstrittensten Unternehmer in Bulgarien, einen Anruf - wiederum in einem Wiener Hotel. Peewski suche einen Killer, gab der Anrufer an, dessen Name bekannt ist. Fünf Millionen Dollar zahle der Ex-Geschäftspartner für den Auftragsmord an Wassilew.

Keine Auskunft des Bundeskriminalamtes

Der bat das Bundeskriminalamt (BK) in Wien um die Aufnahme von Ermittlungen. Nach der zweiten Drohung per SMS soll die Behörde aktiv geworden sein. Die Abteilung 3 im BK (Ermittlungen, organisierte und allgemeine Kriminalität) veranlasste vergangenen Freitag nach Informationen des STANDARD ein Ansuchen an die bulgarische Staatsanwaltschaft. Die Bitte: Ausstellung eines Haftbefehls gegen Deljan Peewski. Eine Bestätigung dafür konnte DER STANDARD vom BK nicht erhalten. Keine Auskunft zu nichtöffentlichen Fahndungen, sagt Sprecher Mario Hejl.

Doch Wien scheint nun mit verwickelt in den Kampf der beiden Großunternehmer aus dem Balkanland, bei dem es noch um mehr geht als um einen Streit über Kreditforderungen in dreistelliger Millionenhöhe: das Gasprojekt South Stream, die Unabhängigkeit der bulgarischen Justiz, die Verwicklung der bulgarischen Regierungen in die vielen Ausschreibungs- und Privatisierungserfolge der beiden Unternehmer.

Zehn Jahre lang Partner

Zehn Jahre lang waren Peewski und Wassilew Partner. Bei South Stream ließen sie ihre Bauunternehmen mitbieten und erhielten am 27. Mai den Zuschlag - doch da hatte Peewski angeblich schon die Kontrolle über Wassilews Anteile übernommen. „Ich war blind. Jetzt zahle ich den Preis“, sagt Wassilew nun. Vergangenen Freitag musste seine Corporate Commercial Bank unter Aufsicht der Zentralbank gestellt werden. Eine Medienkampagne in den Zeitungen, die Peewskis Mutter Irena Krastewa gehören, und Ermittlungen der Sofioter Staatsanwaltschaft hatten einen Run ausgelöst. Gespräche über eine Neuordnung der Bank durch die kleineren Anteilhaber beginnen diesen Montag. Der Finanzierungsbedarf wird auf 750 Millionen Euro geschätzt.

Wassilew steht in Bulgarien im Visier von NGOs und Medien wegen des Umfangs seiner Beteiligungen, die von Weinbau über Mobiltelefone, Tankstellen bis Bauwirtschaft reichen. Die staatlichen Energieunternehmen waren seine Kreditnehmer, bis per Regierungsverordnung eine Quote gesetzt wurde.

Kurz Geheimdienstchef

Peewskis kurzzeitige Wahl zum Geheimdienstchef löste im Juni 2013 Regierungsproteste aus, die nonstop ein halbes Jahr dauerten. Der Abgeordnete und Ex-Staatsanwalt dementiert, Einfluss über die Justiz zu haben, wie ihm von den Medien zugeschrieben wird. Und Peewski gab an, dass auch Wassilew Auftragsmörder auf ihn angesetzt habe. Drei Verdächtige wurden festgenommen und wieder freigelassen. (Markus Bernath, DER STANDARD, 23.6.2014)