Wien/Gumpoldskirchen – Die Vergabe der drei neuen Casinolizenzen für Wien und Niederösterreich bringt Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP) in eine Pattsituation. Der eigens von seinem Ressort installierte Expertenbeirat soll für alle drei Konzessionen die bisherige Monopolistin Casinos Austria als Favoritin auserkoren haben. Der niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) lobbyiert jedoch für Novomatic.

Streng rechtlich gesehen muss Spindelegger den Empfehlungen des Beirats nicht folgen. Aber: "Wenn er sich nicht daran hält, braucht er gute Gründe", sagt der Glücksspielrechtsexperte Christian Zib von der Universität Wien. "Sonst hätte der Beirat keinen Sinn."

"Begründungsbedarf"

Laut Glücksspielgesetz (GSpG) kann der Finanzminister "für die Begutachtung der Interessensbekundungen einen beratenden Beirat einrichten". Genau das wurde bereits 2011 gemacht, als die Lotterielizenz auf Geheiß der EU ausgeschrieben werden musste. Leiter des Gremiums ist der langjährige BMF-Sektionschef Wolfgang Nolz. Die Kommission vergibt nach verschiedenen Kriterien Punkte, unter anderem werden die Spielerschutzmaßnahmen der Lizenzwerber sowie deren bisherige Erfahrung am Glücksspielmarkt herangezogen.

"Die Entscheidung soll auf Basis der im Gesetz festgeschriebenen Kriterien ergehen", so Uniprofessor Zib zur APA. "Der Beirat wird wohl genau nach diesen Kriterien geprüft haben." Wenn sich nun der Finanzminister dennoch für einen anderen Bewerber entscheidet, hätte er "Begründungsbedarf".

Direkt könnte ihm niemand einen rechtlichen Strick drehen, sollte er den Empfehlungen des Beirats nicht folgen. "Jedoch wird später möglicherweise einmal in einem Verfahren überprüft, ob wirklich die beste Entscheidung im Sinne des Paragraf 21 GSpG getroffen wurde", so der Jurist.

Rechtliche Beschwerdemöglichkeit

Denkbar wäre, dass sich Unternehmen, die bei der Lizenzvergabe nicht zum Zug kommen, rechtlich zur Wehr setzen. Schon bisher beschäftigte die Vergabe der Glücksspiellizenzen die Justiz, bis hin zum Europäischen Gerichtshof (EuGH). Sowohl bei der Lotterielizenz als auch bei den Lizenzen für die 12 bestehenden Spielbanken haben unterlegene Bewerber Bescheidbeschwerden eingelegt – letztendlich erfolglos.

Österreich musste 2010 infolge eines EuGH-Urteils seinen Glücksspielmarkt öffnen und die bis dahin freihändig an den Casinos-Austria-Konzern vergebenen Konzessionen erstmals europaweit ausschreiben. Die Vergabekriterien wurden nicht nur von Rivalen, sondern auch von Rechtsexperten kritisiert. Sie seien auf die bisherige Monopolistin zugeschnitten, so die Kritik.

Um die zusätzlichen Spielbanklizenzen in der Bundeshauptstadt und in Niederösterreich rittert neben den Casinos Austria auch der niederösterreichische Glücksspielkonzern Novomatic. Beide Unternehmen haben beste Kontakte in die Politik. Brancheninsider sind bisher davon ausgegangen, dass es politisch nicht argumentierbar wäre, Novomatic leer ausgehen zu lassen. Zumal die Wiener Stadtregierung ab 2015 das kleine Glücksspiel verbieten will und Novomatic somit seinen Automatensalon im Prater sowie die Spielhalle im Böhmischen Prater zusperren müsste. Für beide hat das niederösterreichische Unternehmen eine Vollcasinolizenz beantragt.

Zwei neue Standorte

Die Casinos Austria haben sich in Wien ebenfalls für einen Standort im Prater, direkt neben dem Riesenrad, beworben. Weiters wollen sie im 15. Bezirk, nahe der U-Bahnstation Längenfeldgasse, ein Casino errichten. In die Innenstadt, wo die Casinos Austria bereits eine Spielbank in der Kärntner Straße betreiben, zieht es darüber hinaus zwei Konsortien. Investor Michael Tojner möchte gemeinsam mit den Century Casinos in seinem Hotel InterCont Fortuna herausfordern; im Palais Schwarzenberg wollen die Schweizer Stadtcasino Baden AG und der deutsche Automatenkonzern Gauselmann zocken.

Für sein Heimatbundesland Niederösterreich wiederum schwebt Novomatic ein großer Glücksspieltempel samt Luxushotel in Bruck an der Leitha vor, die Casinos Austria spitzen auf Krems. Niederösterreichs Landeshauptmann und Spindeleggers Parteikollege Pröll favorisiert laut früheren Medienberichten klar den Novomatic-Standort, der Glücksspielbeirat des Finanzministeriums wiederum soll sich für Krems ausgesprochen haben.

Geht es nach den 1.000 Teilnehmern einer GfK-Befragung, die von den Casinos Austria in Auftrag gegeben wurde, soll die Prater-Lizenz an die Casinos Austria gehen. 88 Prozent sind dieser Meinung, 11 Prozent präferierten Novomatic. Auch den Zuschlag für die zweite Wien-Lizenz sollten nach Meinung der Befragten die Casinos Austria erhalten (69 Prozent). Knapp ein Fünftel würde Novomatic die Lizenz geben, 6 Prozent dem Schwarzenberg-Projekt und 4 Prozent dem Casino im Intercontinental. Ein Casino in Krems würde 82 Prozent gefallen, 16 Prozent hätten lieber eines in Bruck. Die Entscheidung für das Wiener Automatenverbot finden 88 Prozent richtig. Von 788 befragten Personen haben 87 Prozent schon einmal ein Casino der Casinos Austria besucht, 21 Prozent waren bereits in einem Novomatic-Automatensalon (Admiral). Die Umfrage haben die Casinos Austria dem Vergabeakt beigelegt, sie liegt der APA vor. In der Branche geht man davon aus, dass das Finanzministerium die Lizenzen noch im Juni vergibt. (APA, 18.6.2014)