Argentiniens Präsidentin Cristina Fernandez de Kirchner will die "Aasgeier" nicht auszahlen. 

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Wien - Die Optionen für die argentinische Regierung sind denkbar schlecht geworden: Entweder riskiert das Land erneut die Staatspleite, oder aber Buenos Aires gibt nach und bezahlt den verhassten Hedgefonds NML-Capital aus. Einen dritten Weg gibt es nach dem Entscheid des US-Höchstgerichts im Fall NML-Capital vs. Argentinien für Buenos Aires nicht mehr, sagten Juristen am Dienstag. Im besten Fall könnten die Anwälte des südamerikanischen Landes der Regierung noch ein paar Tage mehr Zeit verschaffen.

Am Montag hatte das US-Höchstgericht eine Beschwerde Argentiniens gegen die Verfügung eines New Yorker Gerichtes im Fall NML abgelehnt. Der damit rechtskräftige Entscheid aus New York könnte nicht nur Argentinien in die Pleite treiben, sondern künftig weltweit staatliche Entschuldungen erschweren.

Zwei Umschuldungen

Um zu verstehen, warum, muss man sich den Fall näher ansehen. NML ist ein Hedgefonds, der sein Geld in Staatspapiere von Ländern am Rande der Pleite steckt - so auch im Fall Argentiniens: Der Fonds kaufte 2001 Staatsanleihen mit Abschlägen billig ein und spekulierte darauf, mit Gewinn auszusteigen. 2005 und 2010 musste Argentinien aber umschulden. 93 Prozent der Gläubiger des Landes einigten sich mit Buenos Aires auf eine Entschuldung, die übrigen, darunter NML, zogen vor Gericht.

Da New York als Gerichtsstand bestimmt wurde, finden viele der Verfahren in den USA statt. Bisher konnten die Klagen Argentinien nicht viel anhaben, doch die New Yorker Verfügung gilt nun als bahnbrechend: NML hat sich in seiner Klage auf sogenannte Pari-passu-Klauseln in den argentinischen Staatsanleihen berufen. Die Pari-passu-Regel besagt, dass ein Schuldner seine Gläubiger gleichbehandeln muss.

Nächste Zahlung bald fällig

Das New Yorker Gericht verfügte, dass die Klausel im konkreten Fall besagt, dass Argentinien nur dann Zahlungen an Gläubiger tätigen darf, die der Umschuldung zugestimmt haben, wenn auch NML sein Geld erhält, und zwar die volle ausständige Summe von inzwischen 1,3 Milliarden Dollar. Zusätzlich verpflichtet das Gericht amerikanische und ausländische Finanzdienstleister, die Verfügung zu vollstrecken. Sprich: Eine Züricher Bank, die im Auftrag Argentiniens Zahlungen an Gläubiger tätigt, obwohl NML sein Geld nicht bekommt, verstößt gegen die Gerichtsauflagen und müsste Strafe zahlen.

Am 30. Juni wird Argentiniens nächste Zahlung fällig. Entweder bekommt dann auch NML sein Geld - dies hat Präsidentin Cristina Fernandez de Kirchner bisher aber kategorisch ausgeschlossen -, oder die zweite Option tritt in Kraft: Weder NML noch die übrigen Gläubiger erhalten ihr Geld - dies wäre aber ein vorübergehender Zahlungsausfall und eine Minipleite.

Das zweite, international gravierendere Problem betrifft künftige Staatsumschuldungen: "Nach dem US-Urteil ist es für Investoren interessanter geworden, sich einer Entschuldung zu widersetzen", sagt Mark Weidemaier von der University of North Carolina. Mit dem Pari-passu- Instrument haben "Spekulanten eine neue Waffe" bekommen. Auch die Vollstreckung von Urteilen gegen nicht zahlungswillige Staaten dürfte einfacher geworden sein, so Weidemaier. (András Szigetvari, DER STANDARD, 18.6.2014)