Wien - Wenn an sich säkulare Menschen Zuflucht bei der Bibel suchen, scheint der Bedarf an überirdischer Hoffnung für höchst irdische Zustände eine gewisse Brisanz erreicht zu haben: Hannes Androsch, der Initiator des Bildungsvolksbegehrens, ist jedenfalls an dem Punkt, wo er auf die "Trompeten von Jericho" hofft, die doch irgendwann auch "die bröckelnden Mauern" des österreichischen Bildungssystems zum Einsturz bringen sollten, um eine Neuaufstellung zu ermöglichen.

Also luden er und seine Mitstreiter am Dienstag die Bildungssprecher aller Parlamentsparteien ins Haus der Industrie zu einer "Unterstützungsaussprache" - um zur Erkenntnis zu kommen, dass sie zwar "90 Prozent Konsens" haben, in den zentralen Positionen aber eben doch noch immer nicht übereinstimmen und auf absehbare Zeit wohl auch nicht werden. Den Schritt gemeinsame, ganztägige Schule, den die Bildungsbegehrensproponenten und Expertinnen am Tisch nachdrücklich forderten, wollen vor allem ÖVP und FPÖ in ihrer derzeitigen Verfasstheit nicht mitgehen.

Die Jericho-Hoffnung hat nur einen kleinen Haken: Archäologisch gibt es keine Belege für die Beschreibungen im alten Testament. Man sollte sich also nicht unbedingt darauf verlassen. (nim, DER STANDARD, 18.6.2014)