Schorsch kommt jedes Jahr anders daher. Heuer: Totale Erschöpfung.

Foto: Putschögl

Erschöpft sieht er heuer aus, der Schorsch: Den Kopf hat er zurückgelegt, der Mund steht weit offen, er schläft. Der Schorsch, das ist jener Architekturpreis, den die Wiener Magistratsabteilung 19 (Architektur und Stadtgestaltung) vergangene Woche zum neunten Mal an Architekten vergeben hat, die im Vorjahr herausragende Projekte in Wien fertiggestellt haben.

Die Preisverleihung fand abseits einer breiteren Öffentlichkeit statt. Doch zumindest die Bekanntheit in der Szene wächst stetig, ist Ruth Kertész vom Dezernat Architektonische Begutachtung der MA 19 überzeugt. „Vor neun Jahren mussten wir den Architekten noch hinterhertelefonieren“, erinnert sie sich. Heuer gab es 83 Einreichungen.

Bezug zum Stadtbild nötig

Die Jury – bestehend aus Mitarbeitern der MA 19 – kürte daraus 28 Gewinner, die nun allesamt einen kleinen „Schorsch“ überreicht bekamen. „Eigentlich hätte er ja Schurli heißen sollen, weil wir Wiener sind“, sagt Kertész und lacht.

Der Name habe sich aber einfach ergeben. Mit der weißen Gipsfigur (die jedes Jahr anders aussieht) werden Neu-, Zu- und Umbauten im Stadtgebiet ausgezeichnet. Dabei zählen besonders das äußere Erscheinungsbild und die Wirkung im Stadtraum.

„Die Projekte müssen immer einen Bezug zum Stadtbild haben“, betont Kertész. Dieser Bezug kommt bei den Siegern in den unterschiedlichsten Ausformungen daher: Bei Wohnbauprojekten wie jenem in der Goldeggasse 23 im 4. Bezirk von opw Architektur erzeugen die französischen Balkone einen „proportionalen Dialog mit den detailreichen Fassaden der Nachbarschaft“, so die Jury. Und das Wohnbauprojekt in der Ahorngasse im 7. Bezirk von Duda Testor Architektur füge sich „unaufgeregt in die städtische Umgebung ein“.

Auch Umbauten und Aufstockungen

Doch nicht nur Neubauten finden sich unter den Preisträgern.   In der Linzerstraße 214 im 14. Bezirk haben beispielsweise die smartvoll Architekten einen Juwelierladen im Erdgeschoss eines Gründerzeithauses neu gestaltet – und dabei das historische Ambiente des Hauses berücksichtigt, Auslage und Präsentationsflächen aber zeitgemäß umgesetzt.

In der Gauermanngasse im 1. Bezirk haben Holzbauer und Partner auf ein Haus aus dem 19. Jahrhundert einen zweistöckigen Dachgeschosszubau gesetzt. „Zurückhaltend, aber qualitätsvoll“, befindet Kertész.

Sieger des Abends: die WU

Bis Juni nächsten Jahres sind die Siegerprojekte in der Ausstellung „gebaut 2013“ in den Gängen der MA 19 im 12. Bezirk ausgestellt. Obwohl frei zugänglich, bekommt sie hauptsächlich der Parteienverkehr zu sehen. Die Projekt-Poster bringen jedenfalls deutlich mehr Architektur in die Gänge der MA 19. „Vor neun Jahren hingen hier noch lauter Gewerkschaftsplakate“, so Kertész.

Der Schorsch soll junge, noch weitgehend unbekannte Architekten vor den Vorhang holen. Beim ganz großen Abräumer des Jahres ist das aber nicht mehr nötig: Am Campus der neuen Wirtschaftsuniversität wurden gleich sechs Projekte ausgezeichnet.

Auch wenn er heuer müde ist – den Schorsch soll es auch nächstes Jahr wieder geben: Dann steht das 10-Jahres-Jubiläum an. „Vielleicht veröffentlichen wir dann alle Projekte in einem Katalog.“ (Franziska Zoidl, DER STANDARD, 21.6.2014)