Nairobi - Die kenianische Regierung hat überraschend innenpolitische Gegner für die Überfälle auf zwei Küstenorte mit mehr als 60 Toten verantwortlich gemacht. Hinter den Bluttaten in Mpeketoni am Montag und in einem weiteren kleinen Ort in der Nacht zum Dienstag steckten Leute, die aus politischen Gründen Hass und Gewalt säen wollten, sagte der kenianische Präsident Uhuru Kenyatta am Dienstag. Er verwarf die bisherige Annahme, Milizen der islamistischen Al-Shabab stünden hinter den Überfällen. Die Gruppe hatte sich allerdings zu den Taten bekannt, bei denen Zivilisten willkürlich getötet wurden.

"Bei der Attacke in Lamu (der Provinz beider Ortschaften) handelt es sich um eine gut geplante und koordinierte Tat ethnischer Gewalt gegen die kenianische Bevölkerung", sagte Kenyatta in einer Ansprache. "Deshalb war dies kein Terrorakt der Al-Shabab." Es gebe Hinweise darauf, dass "örtliche politische Netzwerke" an den Verbrechen beteiligt gewesen seien, sagte Kenyatta. Einzelheiten nannte er nicht.

Die Beschuldigung politischer Gegner könnte nach Einschätzung von Experten den Druck auf die Regierung mildern, der Unfähigkeit beim Schutz der Bevölkerung vorgeworfen wird. Kenyatta nannte seinen Hauptrivalen Raila Odinga nicht beim Namen, doch schienen seine Bemerkungen gegen ihn gerichtet. Odinga, der bei der Präsidentenwahl im vergangenen Jahr Kenyatta unterlag, kehrte erst kürzlich nach Kenia zurück. Er verurteilte die Massaker.

Zuvor war es am zweiten Tag in Folge zu Massaker gekommen. Nach der Ermordung von fast 50 Bewohnern der Stadt Mpeketoni schlugen die Angreifer in der Nacht zum Dienstag in einem nahegelegenen Dorf erneut zu und töteten nach Regierungsangaben 15 Menschen.

Ein Anführer der Al-Shabab bekannte sich zu der Tat und sprach von bis zu 20 Toten, darunter Polizisten. Augenzeugen berichteten, die Angreifer hätten die Bewohner des Dorfes Poromoko gezwungen, sich vor ihren Häusern zu versammeln und das islamische Glaubensbekenntnis zu rezitieren. Zahlreiche Häuser seien niedergebrannt worden.

Die Extremisten hatten sich in der Nacht zuvor zum Mord an 49 Menschen in Mpeketoni bekannt. Nach eigener Darstellung rächt sich die aus Somalia stammende Miliz mit den Massakern für die Entsendung kenianischer Soldaten in das Nachbarland, wo das Militär gegen die Kämpfer vorgeht. Ein Sprecher der Islamisten kündigte weitere Anschläge an. Am Montag hatten die Islamisten Kenia zum Kriegsgebiet erklärt und Touristen zum Verlassen des Landes aufgefordert.

Die zunehmende Gewalt trifft auch die für das Land wichtige Tourismusbranche immer stärker. Einige Hotels in der Küstenregion sehen sich vor dem Ruin. Auch das Geschäft mit Safaris im Landesinneren ging nach Branchenangaben um 30 Prozent zurück. Die Zeit zwischen Juli und September ist die Hauptreisezeit.

Al-Shabab hatte sich im vergangenen September auch des Anschlags auf ein Einkaufszentrum in der Hauptstadt Nairobi mit 67 Toten bezichtigt. (Reuters, 17.6.2014)