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Der Deutsche Andre Lotterer kurvt mit dem Audi R18 e-tron quattro zum Sieg.

Foto: AP/Edme

Und man bekam jederzeit alles mit.

Le Mans - Sonntag um 5.01 Uhr Jubel in der Audi-Box: Mit Benoit Tréluyer am Steuer übernimmt nach 220 Runden und 14 Stunden in Le Mans erstmals ein Audi die Führung in der 82. Auflage des Langstrecken-Klassikers. Ganz bitter für den Österreicher Alexander Wurz, der zu diesem Zeitpunkt aus der Box zuschaut: Sein Toyota mit der Startnummer 7, der die gesamte Nacht hindurch das Rennen beherrscht hatte, blieb ausgangs der Arnage-Kurve liegen. Kein Licht mehr, kein Strom. Der Wagen schafft es nicht mehr aus eigener Kraft in die Boxenstraße zurück, für den Österreicher ist das Rennen damit zu Ende. Wurz in der Box: "Ich könnte weinen.“

Als Wurz knapp vor Mitternacht zum zweiten Mal in den Toyota steigt, übernimmt er den Wagen in Führend liegend. Eine knappe Runde Vorsprung nach neun Stunden. Toyota war aus der Pole Position gestartet, hatte nur einmal die Führung an Porsche übergeben müssen – und sich zurückgekämpft. Es war eine tolle Leistung des japanischen Teams, das endlich die Vormachtstellung der Deutschen – Audi ist in Le Mans Seriensieger – durchbrechen wollte. Wurz und seine Teamkollegen, der Franzose Stéphane Sarrazin und insbesondere der Japaner Kazuki Nakajima, der lange für die schnellste Runde im Rennen gesorgt hatte, schienen der Garant für einen Erfolg zu sein: Beständig schnell hielt Toyota die Konkurrenz in Schach. Bis Nakajima in Runde 219 das Licht ausging.

Mit Hybridantrieb 

Nach der drückenden Dominanz von Audi in den vergangenen Jahren war es dieses Wochenende wieder ein sehr spannendes Rennen, das lange offen blieb. Mit Toyota und einem Werksteam von Porsche, das erstmals seit 16 Jahren ein Comeback in der Prototypen-Klasse in Le Mans wagte, waren echte und ernstzunehmende Konkurrenten auf der Strecke – Toyota und Porsche mit jeweils zwei Autos. Audi setzte gleich drei Fahrzeuge ein. Allesamt mit Hybrid-Antrieben. Audi kombinierte wie gewohnt einen Diesel mit Elektroantrieb, Porsche setzte auf einen kleinen Vierzylinder, Toyota auf acht Zylinder: 24 Stunden war neben Topspeed – 330 km/h auf er langen Gerade – Spritsparen angesagt. Das Reglement zwingt die Hersteller in der Topklasse der Prototypen zu innovativen Antrieben.

Dabei hatte es für Audi nicht gut begonnen: Toyota schien schneller, und Porsche war stärker als man annehmen hätte können. Am Samstag um 16.30 Uhr, eineinhalb Stunden nach dem Start, setzte wie aus dem Nichts starker Regen ein. Der Ferrari mit der Startnummer 81 war dem nicht gewachsen, zu schnell unterwegs und schießt – an 50. Stelle liegend - mit einem Schlag auf der Geraden zwei Fahrzeuge aus der Spitzengruppe ab: Den Toyota mit der Startnummer 8, an vierter Stelle liegend, und den Audi mit der Startnummer 3, an dritter Stelle liegend. Während es der Toyota schließlich noch aus eigener Kraft zurück in die Boxenstraße schafft, ist für den Italiener Marc Bonanomi im Audi Schluss: Er steigt schluchzend aus dem Wagen, der Audi wird auf den Abschleppwagen geladen. Bonanomi tritt die Heimfahrt weinend als Beifahrer im Abschleppwagen an, die Box Nummer drei schließt das Garagentor. Auch dort fließen Tränen. Echte Männer weinen.

Porsche ohne Chance auf Podest

Sonntag kurz nach elf dann erneut eine Wendung: Der führende Audi mit Tom Kristensen bleibt auf der Strecke stehen. Fährt weiter. Eine Runde, dann in der Box. Eine Viertelstunde wird gearbeitet, bis der Defekt behoben ist. Der Turbolader musste ausgetauscht werden. In der Zwischenzeit übernimmt der Porsche 919 Hybrid die Führung: Timo Bernhard hat eine Runde Vorsprung. Die hält er nicht: Audi überholt bei einem Boxenstopp. Marc Webber als Schlussfahrer im Porsche-Team arbeitet sich noch knapp an den führenden Audi heran, kann diesen aber schließlich nicht mehr einholen. Ein Defekt wirft den Porsche zwei Runden vor Rennende zurück. Der Getriebeschaden kann nicht mehr behoben werden.

Nach 379 Runden wird Audi einmal mehr in Le Mans als Sieger gefeiert – vor dem zweiten Audi. Platz drei geht glücklich an Toyota, Porsche verfehlt beim Comeback schlussendlich deutlich das Podest und muss sich auch dem privaten Rebellion Racing-Team mit einem weiteren Toyota geschlagen geben.

Österreicher so lala

Für die restlichen Österreicher – außer Wurz waren noch vier weitere am Start – war es ein durchwachsenes Rennen. Dominik Kraihamer im zweiten privaten Toyota von Rebellion Racing kam über Runde 73 nicht hinaus. Die anderen erzielten Achtungserfolge: Christian Klien fuhr in einem Morgan Judd an den 10. Gesamtplatz. Richard Lietz, in Österreich weitgehend unbekannt, international aber ein erfolgreicher und anerkannter Profi-Rennfahrer, rang im Porsche 911 RSR sehr engagiert mit Ferrari und Aston Martin um den Sieg in der Profi-GT-Klasse, und wurde dort schließlich Dritter, Gesamtrang 18 .  Klaus Bachler, als Amateur ebenfalls in einem Porsche 911 RSR unterwegs, wurde schließlich guter Zweiter hinter einem Aston Martin in der Klasse der Amateure, Gesamtrang 22. Sowohl Lietz als auch der junge Bachler empfehlen sich nachdrücklich für einen Platz bei Porsche in der obersten Liga, sollte nächstes Jahr in Le Mans ein dritter Wagen eingesetzt werden, immerhin will Porsche 2015 den Gesamtsieg klarmachen.

Insgesamt haben 250.000 Menschen das Rennen besucht oder waren zumindest in der Nähe, das ist Zuschauerrekord in Le Mans. Die Wirten feierten mit ihnen, der Alkoholkonsum war Großteils beträchtlich, vor allem außerhalb des Renngeländes. Die Briten blieben ihrer Tradition treu, betranken sich redlich und schwenkten dabei fröhlich Fähnchen, die Porsche großzügig verteilt hatte. Geholfen hat es nichts, weder Porsche in Le Mans noch England im Fußball. (Michael Völker, derStandard.at, 15.6.2014)

Ergebnis des 82. 24-Stunden-Rennens von Le Mans 

Klasse LMP1: 1. Benoit Treluyer/Andre Lotterer/Marcel Fässler (FRA/GER/CH/Audi R18 e-tron quattro) 379 Runden in 24:01:59 Stunden - 2. Tom Kristensen/Luca Di Grassi/Marc Gene (DEN-BRA-ESP/Audi R18 e-tron quattro) 3 Runden zurück - 3. Sebastien Buemi/Nicolas Lapierre/Anthony Davidson (SUI/FRA/GBR/Toyota TS040-Hybrid) + 5 Runden - 4. Nicolas Prost/Nick Heidfeld/Mathias Beche (FRA/GER/SUI/Rebellion-Toyota) 19. Ausgeschieden: Alexander Wurz/Sarrazin/Nakajima (AUT/FRA/JPN/Toyota TS 040 - Hybrid) in Führung liegend nach 219 Runden bzw. 13:53 Stunden. Dominik Kraihammer/Belicchi/Leimer (AUT/ITA/SUI/Rebellion-Toyota) nach 73 Runden.

Stand Langstrecken-WM (nach 3 von 8 Rennen, doppelte Punkte in Le Mans): 1. Buemi/Lapierre/Davidson 80 Punkte - 2. Fässler/Lotterer/Treluyer 60 - 3. Kristensen/Di Grassi 54

Klasse LMP2: 1. (Gesamt-5.) Dolan/Tincknell/Turvey (GBR/Zytek Z11SN-Nissan) 356 Runden. Weiter: 6. (Gesamt-10.) Christian Klien/Hirsch/Brandela (AUT/SUI/FRA/Morgan-Judd) 352

GTE-Pro-Klasse: 1. (Gesamt-13.) Bruni/Vilander/Fisichella (ITA/FIN/ITA/Ferriara 458) 339. Weiter: 2. (15.) Holzer/Makowiecki/Lietz (Portsche 911 RSR) 337

GTE-Am-Klasse: 1. (17.) Thiim-Poulsen-Heinemeier-Hansson (DEN/Aston Martin) 334 - 2. (19.) Klaus Bachler/Ried/Al Qubaisi (AUT/GER/VAE) 332