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Schwieriges Verhältnis: Vucic und die Medien.

Foto: AP/Vojinovic

In Serbien dreht sich alles um einen Mann: Aleksandar Vucic. Der Ministerpräsident verhaftet Tycoons, rechnet mit Korruption und organisiertem Verbrechen ab, will "die Mentalität der Serben ändern". Bei Überschwemmungen schickt der ehemalige Verteidigungsminister den Generalstabschef Sandsäcke schleppen. Wenn er "Stillgestanden!" kommandiert, rühren sich seine Minister nicht vom Fleck, wer sich fünf Minuten verspätet, wird öffentlich getadelt.

Widerspruch duldet Vucic nicht. Für Kritik hat er kein Verständnis, der Regierungschef nimmt sie persönlich. Der mächtigste Mann in Serbien pflegt dann zu sagen, dass sich "alle" gegen ihn verschworen hätten. Dabei ist Kritik gegen ihn und seine Regierung kaum zu hören, allenfalls in ein paar Rundfunksendungen, einigen Kolumnen und zwei regierungskritischen Zeitungen mit kleinen Auflagen ist sie aufgetaucht. Auch die zerstückelte Opposition ist kaum sichtbar.

Woran das liegt, wurde auch bei dem gewaltigen Hochwasser in Serbien deutlich. Jegliche Kritik an der Regierung wurde als eine Attacke gegen Vucic und den Staat interpretiert. Einige kritische Portale wurden blockiert, kritische Blogger festgenommen. Als die Beauftragte für Medienfreiheit der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), Dunja Mijatovic, schriftlich den serbischen Premier auf "Medienunterdrückung, das Blockieren von Websites und die Verhaftung von Einzelpersonen, die sich im Internet kritisch äußerten", aufmerksam machte, reagierte dieser heftig.

"Viele Vertreter der internationalen Gemeinschaft, Botschafter und die OSZE setzen (serbische, Anm.) Medien unter Druck", konterte Vucic. Sie alle führten eine Kampagne gegen ihn, "weil Serbien keine Sanktionen gegen Russland wegen der Ukraine-Krise verhängen will". Namentlich nannte er die Vizechefin der OSZE-Mission in Belgrad, Paula Tide. Er selbst habe nie von Portalen gehört, die blockiert worden seien.

"Ihr werdet mich nicht zum Schweigen bringen, weil ich die Wahrheit sage und ihr lügt", so Vucic und forderte eine Entschuldigung der OSZE, weil sie Unwahrheiten über Medienfreiheit in Serbien verbreite. Tide antwortete, dass sich die OSZE nicht entschuldigen werde. Das serbische Parlament solle in Kürze wichtige Mediengesetze verabschieden, man werde schon bald sehen, ob es zu einer Verbesserung der Lage der Medienfreiheit komme. Der EU-Vertreter in Belgrad, Michael Davanport, und US-Botschafter Michael Kirby stellten sich hinter die OSZE.

Die Vucic ergebene Boulevardpresse schrieb vom "europäischen Schlag auf Serbien", vom "ukrainischen Ultimatum". Selbst in der Affäre um den serbischen Innenminister Nebojsa Stefanovic - seine Dissertation soll ein Plagiat sein - wittert man "eine Botschaft des Westens an Vucic, dass er jederzeit abgelöst werden könnte".

Im Jänner 2015 sollte Serbien den OSZE-Vorsitz übernehmen. Vucic war jüngst in Wien und traf sich am Mittwoch in Berlin auch mit Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel. Er forderte Unterstützung für Serbien, das im Jänner die EU-Beitrittsverhandlungen begonnen hat.

Ebenfalls am Mittwoch traf Weißrusslands Machthaber Alexander Lukaschenko Serbiens Präsidenten Tomislav Nikolic, um Belgrad die Eurasische Wirtschaftsunion schmackhaft zu machen. Der serbische Patriarch Irinej überreichte "dem Freund Serbiens" persönlich den Orden des Heiligen Sava ersten Grades, die höchste Auszeichnung der serbisch-orthodoxen Kirche. Am Montag wird in Belgrad der russische Außenminister Sergej Lawrow erwartet. (Andrej Ivanji aus Belgrad, DER STANDARD, 14.6.2014)