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Cristiano Ronaldo braucht zudringliche Fans nicht um Gnade anzuflehen, ihn schützen ein paar ordentliche Knechte.

Foto: APA/AP/Duarte

São Paulo - Sportreporter haben es auch nicht leicht. Es müssen am Trainingsplatz nicht nur Buben auch dann erkannt werden, wenn sie, verschwitzt womöglich, oberkörperfrei an einem vorbeistreunen. Auch freigemachte Mädels wollen schließlich eingeordnet werden. Da hilft dann nur noch fragen. Irgendeinen x-Beliebigen oder eine x-Beliebige.

"Andressa de Faveri Urach", wird einem beschieden. Eine gewisse "Miss Bumbum" sei das, eine TV-Moderatorin auch - aber das kennt man aus Italien -, und vor allem aber eine Ex dieses Cristiano Ronaldo dos Santos Aveiro von der schönen Insel Madeira.

Das sagt sie. Er schweigt, würdigt sie und die auf sie aufgemalte Nummer 7 keines Seitenblickes. Er weiß, dass mehr von ihm erwartet wird, als schöne Augen zu machen oder auf schön gemachte Augen hereinzufallen.

Leicht wird es dem feschen portugiesischen Kampl, der seine matadoristisch-arrogante Körpersprache von jeher mit dem Akzent des knuddeligen Buben spricht, nicht gemacht. In Brasilien schon gar nicht, wo die Urach nur die hysterische Spitze darstellt.

Lausbubencharme

Jetzt, da Cristiano Ronaldo seinen Lausbubencharme mit ein paar ballesterischen Männerskills zu einer unbestrittenen Reife hat wachsen lassen, ist er auch in Brasilien durchgegendert. Auch der Brasilianer will wissen: wie, was, wann, womit, mit wem und schlussendlich wie hoch.

Die Onlineversion der Tageszeitung Record ist da ein guter Spiegel. Jeder zweite Eintrag widmet sich CR7, wie er seiner Rückennummer wegen genannt wird. Die lästige Verletzung - seit dem Champions-League-Finale am 24. Mai pausiert sein Oberschenkel - tat ein Übriges. Gierig verfolgt der wahre Fan Tweet um Tweet. "15.27: Ronaldo schreibt Autogramme!" Na dann.

Am Donnerstag konnte der, den sie sicher nicht unbehelligt durch den Sand der Copacabana stapfen lassen, praktisch schon problemlos - akklamiert von 10.000 Ronaldofinen - trainieren. "Ich bin bei 99,9 Prozent", sagt er. und will sagen: Am Montag um 18 Uhr MESZ in Salvador de Bahia werden es 125 Prozent sein. Minimum.

Deutsche Furcht

Da geht es gegen Deutschland und also gleich so richtig zur Sache. "Ronaldo ist fit, er hat keine Schmerzen mehr", beteuert auch Trainer Paulo Bento Richtung Joachim Löw, auf dass der und die Seinen sich fürchten, "wir wissen, wie wichtig er für unser Spiel ist." Die ronaldoisierte Zeitung Record schrieb denn auch: "Deutschland macht sich schon Sorgen." Da mag zwar ein professionelles Augenzwinkern herauszulesen sein, aber einen leichten Auftaktgegner werden die Portugiesen mit Sicherheit nicht abgeben.

Obwohl: Seit 2006 verlor Ronaldo mit Portugal gegen die Deutschen gleich bei drei großen Turnieren, zuletzt in der Vorrunde der EM 2012 (0:1). Ronaldo schlüpfte dabei in die für ihn klarerweise ungewohnte traurige Gestalt des Kasperls, und seine Landsleute ließen ihn das auch schonungslos wissen. Aber: "Diese Spiele sind Geschichte. Was zählt, ist die Partie am Montag". Da tritt nicht mehr der Bub Ronaldo an - sondern der reife Mann.

Und so wächst der Glaube an Portugal in Portugal, aber auch oder gerade in seiner ihm längst über den Kopf gewachsenen Tochter Brasilien, mit jedem Tag, den das Spiel gegen Deutschland näher rückt.

Als das erste Training auf brasilianischem Boden vorbei war, schickten die Fans ihren Ronaldo mit tosendem Beifall in die Kabine. Sogar "Miss Bumbum" bekam am Ende ihr Foto mit Cristiano Ronaldo. Der war zwar aus Stoff und bedeutend kleiner als der echte, aber knuddeln ließ sich der besser. Auch deshalb, weil der ronaldogestaltige Pu der Bär entspannter ist. Er muss ja am Montag nicht die Deutschen durch Sonn' und Mond schießen. (sid, wei, DER STANDARD, 14.06.2014)