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Steckbrief des US-Außenministeriums.

Foto: REUTERS/Rewards For Justice/Handout via Reuters

Der Mann, der heute als Erbe von Osama Bin Laden bezeichnet wird, ist - in jedem Wortsinn - schwer zu fassen: Abu Bakr al-Baghdadi bleibt gerne im Dunkeln, wahrscheinlich allein schon, um dem Schicksal seiner Vorgänger an der Spitze, zuerst der Al-Kaida im Irak (Aqi), und danach des "Islamischen Staat im Irak und Großsyrien" (Isis), zu entgehen: Abu Musab al-Zarqawi wurde 2006, Abu Omar al-Baghdadi, von dem der jetzige Isis-"Emir" den Beinamen übernommen hat, 2010 von US-Truppen getötet.

Eines der beiden Fotos, die von ihm existieren, stammt aus der Zeit, als er als Gefangener der US-Armee in Camp Bucca saß. Ein ernster bärtiger Mann, den seine Anhänger nicht nur als großen Kämpfer, sondern auch als salafistischen Gelehrten verehren. Sein auf jihadistischen Webseiten verbreiteter Lebenslauf ist cum grano salis zu nehmen: Demnach ist er 1971 als Ibrahim bin Awad al-Badri in Samarra geboren, was den Beinamen al-Samarrai, der manchmal auftaucht, erklärt. Sein Vater Awad ist ein angesehener Mann im Stamm der Al-Bu Badri, der als einer jener irakischen Stämme gilt, die vom Propheten Muhammad abstammen.

In den jihadistischen Quellen heißt es auch, dass der Isis-Chef in Bagdad Islam studiert und abgeschlossen habe: deshalb das häufige Dr. vor seinen vielen Alias-Namen, etwa Dr. Abu Dua (Vater des Gebets). In seiner Verwandtschaft sollen sich weitere Islam-Gelehrte befinden.

Dass seine Bildung und seine Predigerkünste so betont werden, hat einen guten Grund: Da er nicht auftritt und es auch keine Video- oder Audioquellen von ihm gibt, haben seine Gegner das Gerücht verbreitet, dass er sprachlich behindert ist.

Fakt ist, dass sich Ibrahim al-Badri nach der Invasion 2003 dem Kampf gegen die USA und die irakische Regierung anschloss und, nach dem Intermezzo von 2005 bis 2009 in US-Haft, eine steile Karriere machte. Er übernahm die Organisation 2010 in einem Zustand des Niedergangs: Al-Kaida galt im Irak als weitgehend besiegt.

Zu Hilfe kam ihm der Aufstand in Syrien, wo sich die Isis profilierte - auf Kosten der ebenfalls Al-Kaida-affiliierten Nusra-Front. Von Al-Kaida-Führer Ayman al-Zawahiri zur Ordnung gerufen, sagte er sich von diesem los. Angesichts der Ressourcen der Isis fragen sich viele, ob es noch den großen unbekannten Strippenzieher im Hintergrund gibt. Ein militärisches und organisatorisches Talent ist al-Baghdadi aber allemal. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 13.6.2014)