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Paton: "Alte Medien mögen kein Risiko."

Foto: AP/dapd/Richardson

Wien - Am Freitag diskutiert John Paton beim "Media Innovation Day " des Medienbildungshauses Fjum in Wien. Harald Fidler fragte ihn vorab per Mail.

STANDARD: 1,4 Milliarden Dollar setzt Ihre US-Mediengruppe Digital First Media laut Website um. Was bleibt denn unter dem Strich?

Paton: Wir liegen näher bei 1,2 Milliarden Dollar Umsatz. Und wir nähern uns 200 Millionen Dollar aus Digitalwerbung - vor vier Jahren war das sehr wenig. Als nicht börsenotierter Konzern veröffentlichen wir keine Ergebnisse.

STANDARD: Ihr Blog sagt für 2012: 11,5 Prozent weniger Gesamtumsatz, 90 Prozent mehr Digitalwerbung, 41 Prozent mehr operatives Ergebnis vor Steuern, Zinsen, Abschreibungen. Welchen Rat für Medien bringen Sie zum Media Innovation Day Freitag in Wien mit?

Paton: Alte Medien mögen kein Risiko. Aber Risiko ist das Grundprinzip digitaler Medien: Sie setzen darauf, dass funktionieren wird, woran sie glauben - auch wenn sich das Geschäftsmodell noch nicht bewährt hat. Wie beim Eishockey skaten sie dorthin, wo der Puck sein wird - und nicht, wo er war. Digitale Firmen erfinden sich ständig neu, zerstören dabei selbst, was sie waren. Alte Medien tun das nicht.

STANDARD: Zeitungshäuser machen noch den Großteil ihrer Umsätze mit Zeitungen.

Paton: Wenn traditionelle Medien, vor allem Zeitungen, Pläne, Budgets, Personalpläne erstellen, denken sie erst an die Produktion der Zeitung - und dann digital. Das ist Unsinn. Es gibt keine stabile Zukunft für Print. Erfolgreiche Zeitungshäuser erkennen das und konzentrieren Ressourcen und Risikobereitschaft auf digitale Medien, während sie an der künftigen Rolle von Print arbeiten.

STANDARD: Spielen Inhalte von Usern - von Foren bis zu Beiträgen und Kommentaren - eine Rolle in Ihrer digitalen Strategie?

Paton: Social Media sind für mich ein Schlüsselfaktor. Wer hier dafür eine klare Strategie hat, hat damit auch eine für mobile Plattformen. Und dort findet der größte Teil unserer Zukunft statt. Aber all das wird nicht stattfinden, solange Zeitungshäuser nicht erkennen, dass Beharrung ein größeres Risiko bedeutet als Veränderung. User-generated Content und Social sind für mich ein Thema: Es geht darum, wie wir Inhalte teilen und in noch engerer Verbindung mit unseren Communitys stehen.

STANDARD: Sie experimentieren mit bezahlten Digitalangeboten, äußerten aber auch viel Skepsis.

Paton: Bezahlte Apps für spezielle Inhalte haben Zukunft - wie die Ski-App unserer Denver Post. Kurzfristig bringen Kombi-Abos für Print und Digital etwas, aber sie ersetzen keine langfristige Digitalstrategie. Eine klare Strategie hat etwa der Guardian: Eine der kleinsten überregionalen britischen Zeitungen nimmt sich vor, die global führende liberale Stimme zu werden. Sie sind weltwelt Newsseite Nummer drei.

STANDARD: Den "Guardian" trägt eine nicht gewinnorientierte Stiftung. Wie lässt sich professioneller Journalismus digital finanzieren?

Paton: Die Debatte über Finanzierungsschwierigkeiten für digitalen Journalismus basiert auf falschen Annahmen. Digitaler Journalismus blüht überall. Zeitungsleute reden ihn schlecht, die sich um ihren alten Medienbesitzstand sorgen. Digitaler Journalismus - mit einer anderen Kostenbasis - wächst. Zeitungsherausgeber müssen erkennen, wie sie ihre digitalen Assets am besten nützen.

STANDARD: Sie sagen den Verlegern gerne, was sie falsch machen. Laut "Money" ist die Schadenfreude groß, dass auch Digital First sparen muss; Branchenkenner Ken Doctor sah ein "Labor für Digitalstrategien" enden, weil die Shareholder, Hegdefonds, die Geduld verlören und verkaufen wollten.

Paton: Als CEO muss ich den Wert dieser Firma für die Eigner maximieren. Das kann irgendwann Verkauf oder Börsegang bedeuten. Aber dieselben Investoren haben unsere Digitalstrategie beschlossen. Das Business ändert sich eben ständig. Und wir haben digitale Innovation nicht aufgegeben, da gibt es bahnbrechende Initiativen. Mit Rumble in Israel entwickeln wir nun etwa zukunftsweisende mobile Anwendungen. (Harald Fidler, DER STANDARD, 13.6.2014)