Berchtesgaden/Salzburg - Nach dem Unglück in der Riesending-Schachthöhle bei Berchtesgaden kämpfen sich nun zwei Mediziner zu dem verletzten deutschen Höhlenforscher in 1.000 Metern Tiefe vor. "Es sind jetzt zwei Ärzte unterwegs zu dem Verletzten", sagte ein Bergwachtsprecher am Mittwochmittag. "Wir gehen davon aus, dass sie irgendwann so etwa in acht Stunden unten sind."

Ein österreichischer Arzt, der mit drei Schweizer Höhlenrettern am Dienstag eingestiegen war, hatte im Biwak drei auf halber Strecke eine Pause eingelegt. "Die Höhle ist extrem schwierig. Deshalb ist es wichtig, an Biwaks Pausen zu machen", sagte der Bergwachtsprecher. "Man darf sich nicht verausgaben, sonst steigt das Risiko, dass man sich selbst verletzt. Da ist keinem geholfen."

Eine italienische Gruppe mit einem weiteren Arzt war später in die Höhle eingestiegen und schloss bei Biwak drei auf. Nun seien beide Teams mit den Ärzten gemeinsam unterwegs. Sie haben Medikamente und Wärmematerial mit.

Höhle extrem schwierig

Der 52 Jahre alte Verletzte harrt seit Sonntag in der tiefsten und längsten Höhle Deutschlands aus. Die Höhle sei extrem schwierig. "Für mich ist das die absolute Ausnahme, wenn da einer runterkommt", sagte der stellvertretende Chef der Bergwacht Bayern, Stefan Schneider. Die ärztliche Untersuchung des Forschers nannte er einen "Meilenstein" im Verlauf der Rettungsarbeiten. Nach der Untersuchung sei möglicherweise klarer, wann und wie der Aufstieg mit dem Verletzten in Angriff genommen werden könne.

Zunächst hatten die Helfer gehofft, dass ein Mediziner den Verletzten, der derzeit von einem Schweizer Team betreut wird, am Mittwochvormittag erreichen könnte. Der 52-Jährige, der zu den extremsten Höhlenforschern Deutschlands zählt, hatte die Höhle mitentdeckt und erforscht sie mit seinen Kollegen seit Jahren. Er war mit zwei anderen Forschern von einem Steinschlag überrascht und von einem Brocken am Kopf getroffen worden. "Der Patient ist stabil und ansprechbar. Er konnte gestern mit Hilfe aufstehen. Er hat ein Schädel-Hirn-Trauma, aber keine Zusatzverletzungen", sagte ein Bergwacht-Sprecher.

Mithilfe des Verletzten nötig

Für den Aufstieg ist es nötig, dass der Verletzte mithelfen kann - es gibt zum Beispiel eine Engstelle, die nur passierbar ist, wenn man den Kopf schräg legt und den Bauch einzieht. Unter anderem mit Hilfe von Flaschenzügen könnte er über senkrechte Stellen gebracht werden. Ob das sitzend oder in einem Bergesack möglich sein wird, ist offen. Ebenso unklar ist, wie er geborgen werden soll, falls er nicht aus eigener Kraft etwas tun kann.

Weitere Gruppen der international zusammengezogenen Höhlenretter sind in dem Gangsystem unterwegs, um zusätzliche Sicherungen anzubringen. "Wir haben jetzt Teams drin, die die Strecke technisch ausrüsten", sagte Schneider. Unter anderem sind zwei italienische Teams dabei, an schwierigen Stellen Metallstifte in die glitschigen Felswände zu bohren und die Stellen mit zusätzlichen Seilen zu sichern. Teils hätten Seile auch ausgetauscht werden müssen, weil sie verschlissen waren.

Die Rettungsaktion verlangt allen Helfern das Äußerste ab. Diejenigen, die aus der Höhle kommen, werden laut Schneider auch psychologisch betreut. "Sie sind unglaublich erschöpft und mental stark belastet." Allein die Dunkelheit und Tiefe sei eine Extrembelastung, der nur die Besten standhalten. (APA, 11.6.2014)