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Eric Cantor (links) verlor gegen David Brat.

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David Brat (re.) darf sich über Gratulationen freuen.

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Eric Cantor gesteht seine Niederlage ein.

Mohamud7

Fox News interviewt David Brat.

Harper Poppy

Bevor David A. Brat den Paukenschlag dröhnen ließ, war er so wenig bekannt, dass sich sein Eintrag bei Wikipedia auf zwei knappe Sätze beschränkte. Nun ist er auf einmal das Aushängeschild der Tea Party, der Mann, der die rechten Rebellen nach einer Serie empfindlicher Niederlagen wieder im Aufwind segeln lässt. Bei Vorwahlen in Virginia gewann der Ökonomieprofessor völlig überraschend gegen Eric Cantor, den republikanischen Fraktionschef im Repräsentantenhaus. Brat siegte so klar, mit 56 Prozent der abgegebenen Stimmen, dass es an eine Demütigung fürs konservative Establishment grenzt. Auf alle Fälle bedeutet es das vorläufige Karriere-Ende für den Kronprinzen der Konservativen, dieser wird Medienberichten zufolge Ende Juli sein Amt niederlegen.

Bis zu seiner Schlappe galt Cantor als aufstrebender Star. Seit 2011 die Nummer zwei seiner Partei in der Abgeordnetenkammer, schien er drauf und dran, die Nummer eins, den Speaker John Boehner, von der Spitze zu verdrängen. Brat dagegen, ein unbeschriebenes Blatt, der ultimative Quereinsteiger.

Seit 1996 lehrt er am Randolph-Macon College in Ashland, einer von Methodisten gegründeten Privatuniversität in der Nähe von Richmond, der Hauptstadt Virginias. Im Wettstreit mit Cantor konnte er sich im Wesentlichen auf Laura Ingraham stützen, eine erzkonservative Radiotalkerin, die davor warnt, dass die "liberalen Eliten" Amerika in einen Nanny-Staat verwandeln und Joe Normalbürger immer stärker am Gängelband führen. Brat hatte 84.000 Dollar auf dem Spendenkonto, Cantor 1,5 Millionen. In einem Satz, es war das klassische Duell David gegen Goliath.

Mit Cantor trifft der Aufstand der Tea Party einen Politiker, der ziemlich weit rechts angesiedelt war in den eigenen Reihen. Kaum hatte Barack Obama seinen Amtseid geleistet, gehörte der scharfzüngige Jurist zu jenen Strategen, die auf eine Fundamentalopposition setzten, um zu blockieren, was der Präsident an Reformen durchsetzen wollte. Was Brat nicht daran hinderte, seinen Gegner als Weichei zu porträtieren, der in den Korridoren Washingtons seine Prinzipien vergaß. Cantor hatte zuletzt Flexibilität bei der Korrektur des Einwanderungsrechts erkennen lassen.

Streitpunkt Einwanderung

Eine Reform, die schätzungsweise elf Millionen illegale Immigranten aus der Grauzone holen soll, lehnte er zwar nach wie vor ab. Doch zumindest erwärmte er sich für die Idee, den Kindern jener Migranten den Weg zur US-Staatsbürgerschaft zu ebnen. Für Brat war es Grund genug, den Favoriten als Fürsprecher einer "Amnestie" zu porträtieren.

Der Paukenschlag in Virginia dürfte zur Folge haben, dass die verunsicherten Republikaner die überfällige Einwanderungsreform weiter auf die lange Bank schieben, zumindest bis Jänner, wenn sich das Abgeordnetenhaus nach der Kongresswahl im November neu konstituiert. Dabei hatten die Weitsichtigeren in ihren Reihen die Weichen eigentlich neu stellen wollen. Eine sture Blockade, hatten sie aus der Niederlage Mitt Romneys im Rennen ums Oval Office gelernt, würde die Hispanics, die am schnellsten wachsende Bevölkerungsgruppe, vergraulen - und den Demokraten wohl auch beim nächsten Präsidentschaftsvotum das Weiße Haus sichern. (Frank Herrmann aus Washington, DER STANDARD, 12.6.2014)