Zchinwali/Moskau - Bei der umstrittenen Parlamentswahl in dem Konfliktgebiet Südossetien im Südkaukasus ist die prorussische Partei "Geeintes Ossetien" nach ersten Ergebnissen stärkste Kraft geworden. Die Partei, die eine Vereinigung der von Georgien beanspruchten Region mit Russland anstrebt, gewann mit 43,10 Prozent der Stimmen.

Dieses vorläufige amtliche Endergebnis teilte Wahlleiterin Bella Plijewa am Montag in der Hauptstadt Zchinwali mit. Die Partei erhalte damit 20 der 34 Abgeordnetensitze. Die Schwarzmeerrepublik Georgien kritisiert die Abstimmung als illegal. Russland erkennt Südossetien trotz Kritik der EU und der USA als unabhängigen Staat an.

NATO und EU erkennen Wahl nicht an

NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen erklärte am Montag in Brüssel, dass die NATO die Wahl nicht anerkennen würde. Die NATO betrachte Südossetien ebenso wie Abchasien als Teil Georgiens - und nicht als unabhängige Staaten. Die Wahl sei "kein Beitrag zu einer friedlichen und dauerhaften Lösung der Lage in Georgien". Zuvor hatte auch ein Sprecher der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton erklärt, die Europäische Union erkenne die Wahl nicht an.

Es habe bloß kleine Unregelmäßigkeiten gegeben, sagte Plijewa der Agentur Interfax zufolge am Sonntag. Aus Angst vor Übergriffen, die Anspruch auf die Region erhebt, sind die Sicherheitsvorkehrungen verschärft. Gravierende Zwischenfälle oder Verstöße habe es keine gegeben, hieß es. Auch die Grenzübergänge nach Georgien sind bis Montag geschlossen, wie der südossetische Geheimdienst KGB mitteilte.

Sperrklausel von sieben Prozent

Drei Parteien haben den Einzug ins Parlament von Zchinwali geschafft. Die Partei Jedinaja Ossetija (Geeintes Ossetien), die sich für eine Vereinigung mit Nordossetien einsetzt und nach dem Vorbild der Schwarzmeerhalbinsel Krim einen Anschluss an Russland anstrebt, sowie die Partei Einheit des Volkes (Jedinstwo Naroda) und die Volkspartei (Noronaja Partija). Bei den meisten der anderen sechs Parteien war zunächst unklar, ob sie die nötige Sperrklausel von sieben Prozent erreichten, wie die Agentur Interfax aus der Hauptstadt Zchinwali meldete.

Die Südkaukasusrepublik Georgien hatte 2008 in einem Krieg gegen Russland komplett die Kontrolle über Südossetien sowie über die Schwarzmeerregion Abchasien verloren. Russland hat als Schutzmacht Tausende Soldaten in Südossetien stationiert.

Die proeuropäische Regierung in Georgien kritisierte die Abstimmung als illegitim. Die internationale Gemeinschaft erkenne den Urnengang nicht an, hieß es. Die EU und die USA sehen Südossetien weiter als Teil Georgiens.

"Strategische Partnerschaft" mit Russland

Der südossetische Präsident Leonid Tibilow sagte, dass die "strategische Partnerschaft" mit Russland gefestigt werden solle. "Heute, da Russland und einige andere Länder unsere Unabhängigkeit anerkennen, haben wir eine Garantie für Frieden und Stabilität", sagte Tibilow.

Die von schweren Kriegsschäden gezeichnete Region kämpft unter anderem mit Armut und Arbeitslosigkeit, einer maroden Infrastruktur und immenser Korruption. Nach Meinung von Beobachtern hat Russland auf die Anschlusstendenzen der Südossetien bisher auch wegen der hohen Kosten eher zurückhaltend reagiert. (APA, 8.6.2014)