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Isa Mustafa, der Chef der größten Oppositionspartei LDK, hofft auf den Wahlsieg.

Foto: APA/EPA / Valdrin Xhemaj

Prishtina/Sarajevo - Die Explosion im Elektrizitätswerk KEK im Kosovo beendete abrupt den Wahlkampf: Drei Menschen verstarben am Freitag, 15 wurden verletzt. Und keiner hatte mehr Lust, vor der Wahl am Sonntag den politischen Gegner anzugreifen. Eigentlich sollte man ohnehin meinen, dass es der Opposition nach sieben Jahren Regierung unter Hashim Thaçi und seiner PDK und vielen Korruptionsskandalen leichtfallen müsste, einen Machtwechsel zu erreichen. Doch die Oppositionsparteien stritten in den vergangen Tagen mehr untereinander, als sie den Urnengang zu einer Abstimmung gegen die Regierung Thaçi machten.

Vetvendosje vorne dabei

Die größte Oppositionskraft, die LDK, hat es zudem nicht geschafft, die eigene Partei zu reformieren. Ihr Spitzenkandidat Isa Mustafa hat noch dazu die Lokalwahlen im Vorjahr verloren und musste den Bürgermeistersessel von Prishtina zugunsten der Partei Vetvendosje räumen.

Analysten wie Krenar Gashi meinen deshalb, dass diesmal nicht nur die PDK und die LDK um den ersten Platz kämpfen, sondern auch Vetvendosje vorn dabei ist. Und die internationale Gemeinschaft scheint ihre Haltung zu dieser Bewegung bereits zu ändern. Bisher galten die Leute rund um Albin Kurti wegen ihrer albanisch nationalistischen und gegen die EU-Mission gerichteten Politik als inakzeptabel. Doch nun hat Kurti auf der Parteiliste sehr unterschiedliche Leute platziert.

Junge Leute in PDK

Auch Thaçi selbst hat seine Partei neu aufgestellt. Es bewerben sich nicht mehr in erster Linie die alten Kämpfer der Kosovo-Befreiungsarmee UÇK, sondern eher junge Leute. Thaçis ehemalige "rechte Hand" Fatmir Limaj hat zudem die PDK verlassen und eine eigene Bewegung gegründet. Dieser Umstand könnte dem Premier ein paar Prozent kosten.

Thaçi versucht sich einstweilen durch "Geschenke" beliebt zu machen, so hat er Lohnerhöhungen im öffentlichen Dienst angekündigt und die Senkung der Studiengebühren. Woher er das fehlende Geld für die Universitäten nehmen will, hat der Premier allerdings nicht erklärt. Thaçi wird wohl ohnehin nur Premier bleiben, wenn die PDK auch stärkste Kraft bleibt. Ansonsten gibt es verschiedene Koalitionsmöglichkeiten mit den vier größten Parteien.

Mehr Wahlberechtigte als Einwohner

Die Wahlen sind auch für die nachbarschaftlichen Beziehungen zu Serbien bedeutend. Bisher haben die Serben im Norden kosovarische Parlamentswahlen boykottiert, nun wird wohl nach dem Wahlaufruf des serbischen Premiers Aleksandar Vucic, erstmals eine legitime Wahl auf dem gesamten Staatsgebiet erfolgen. Zuvor hatte es Missmut in den vier serbischen Gemeinden im Norden gegeben, weil auf den Stimmzettel das kosovarische Hoheitszeichen abgebildet ist.

Der Druck auf die politischen Parteien, Wahlbetrug zu verhindern, ist diesmal größer. Bei den letzten Parlamentswahlen 2010 war es zu ganz offensichtlichen Verstößen gekommen. Die Wahllisten entsprechen aber auch diesmal sicherlich nicht der Zahl der tatsächlich Wahlberechtigten. Insgesamt sind etwa 1,7 Millionen Kosovaren bei den Wahlen zugelassen - das sind etwa so viele, wie laut dem letzten Zensus im Kosovo auch tatsächlich leben.  (Adelheid Wölfl, DER STANDARD, 7.6.2014)