Die Idee ist mehr als schön. Das antiquierte Wort "berückend" fällt einem ein. Da hat das Netzwerk der Literaturhäuser von Graz bis Hamburg und Köln bis Zürich 23 Autorinnen und Autoren angefragt und gebeten, historische Reportagen über Juli und August 1914 in einer bestimmten Stadt zu verfassen. Wofür viele, von Melitta Breznik bis Steffen Kopetzky, von Erwin Mortier bis zu Zsófia Bán, in Bibliotheken gingen, sich dort alte Zeitungen ansahen. Und was sie lasen, überführten in erzählende Non-Fiction.

Mikrohistorie aus Salzburg und München (glänzend Karl-Markus Gauß und Lukas Hammerstein), aus Ungarn und Finnland, Graz, Basel, Venedig, Dijon: Ergibt dies Makrohistorie? Ein Gesamtbild? Ein großes, überwölbendes Ganzes? Ja. Und nein. Zu wenige Berührungen gibt es schließlich, zu große Isolationen. Und die weltumspannende Idee hat letztes Jahr der australische Historiker Charles Emmerson mit mehr Esprit in "1913. In Search of the World before the Great War" viel großartiger ausgesponnen, erzählte er doch von Europa, von Detroit, Los Angeles und Mexiko-Stadt, von Japan, Persien und Algerien.

Wieso die horen und die Literaturhäuser Iberien aussparten, gibt Rätsel auf. Auch wieso selbiges England, Irland, Wales widerfuhr. Lediglich über Glasgow hat A. L. Kennedy einen nicht wirklich überzeugenden Text beigesteuert. (Alexander Kluy, DER STANDARD, 7.6.2014)