Die Behandlung mit einem Tyrosin-Kinase-Enzymhemmstoff kann bei Patienten mit chronisch lymphatischer Leukämie (CLL) oder kleinzelligem Lymphom (SLL) das Fortschreiten der Erkrankung bremsen und die Überlebenszeit verlängern. Das hat eine internationale Studie ergeben, an der auch Hämatologie-Spezialisten der MedUni Wien und an anderen österreichischen Institutionen mitgearbeitet haben.

Die sogenannte RESONATE-Untersuchung mit knapp 400 Patienten nach dem Versagen von zumindest einer vorhergehenden Chemotherapie oder Immunchemotherapie mit dem Erstautor John Byrd von der Ohio State University (Columbus) ist beim Jahreskongress der amerikanischen Onkologengesellschaft (ASCO) präsentiert worden. Vor wenigen Tagen ist sie online auch im New England Journal of Medicine erschienen. In Wien beteiligt waren Ulrich Jäger und sein Team von der MedUni Wien im AKH.

Durchbruch in der Behandlung

CLL- und SLL-Patienten haben bei einem Alter von mehr als 65 Jahren und dem Fehlschlag einer vorangehenden medikamentösen Therapie eine sehr schlechte Prognose. Verwendet werden können dann noch monoklonale Antikörper, die sich gegen die aggressiv gewordenen B-Zellen richten, zum Beispiel Rituximab oder Ofatumumab. Von der US-Arzneimittelagentur FDA als "Durchbruch" in der Behandlung qualifiziert, wurde erst vor einigen Wochen der Enzym-Hemmer Ibrutinib zur Therapie der sogenannten Mantel-Zell-Lymphome zugelassen. Die jetzt publizierte Studie wird nun auch zur allgemeinen Anwendung des Medikaments bei CLL führen.

Das Wirkprinzip liegt in der Blockade des Signalweges zwischen dem B-Zell-Rezeptor und dem Zellkern der krank machenden B-Lymphozyten. Solche Tyrosinkinase-Hemmer sind als oral einzunehmende Medikamente verfügbar. Sie wirken in den Zellen, während monoklonale Antikörper typischerweise auf Rezeptoren an der Zelloberfläche ihren blockierenden Effekt ausüben.

In der Studie wurden jeweils knapp weniger als 200 Patienten mit den beiden Erkrankungen entweder mit einer bisherigen Standardtherapie, dem monoklonalen Antikörper Ofatumumab, oder mit dem Kinase-Hemmer behandelt. Die Unterschiede in der Wirkung waren hoch signifikant. Unter der Behandlung mit Ibrutinib kam es im mittleren Beobachtungszeitraum von 9,4 Monaten mit dem neuen Arzneimittel zu einer Reduktion des Fortschreitens der Erkrankung und der Todesfälle um 78 Prozent. Nach zwölf Monaten leben noch 90 Prozent der Patienten unter der Therapie mit dem Tyrosin-Kinase-Hemmstoff, hingegen 81 Prozent jener Patienten, welche den monoklonalen Antikörper erhalten hatten. Das Risiko, an der Erkrankung zu sterben wurde von Ibrutinib im Vergleich zur Standardtherapie um 57 Prozent gesenkt.

Längere Überlebensdauer

Auf der anderen Seite kam es in der Gruppe der mit Ibrutinib Behandelten etwas häufiger zu Nebenwirkungen, nicht jedoch bei zu mehr Nebenwirkungen gravierenden Grades. Auf der anderen Seite zeigte sich der statistisch hoch signifikante Überlebensvorteil bei den mit dem Enzym-Hemmer behandelten Patienten, obwohl 57 Kranke aus der Vergleichsgruppe (monoklonale Antikörper) wegen der mangelnden Wirkung der Therapie in die andere Gruppe überwechselten. Das sollte an sich die Wirkung in der statistischen Auswertung "verdünnen". Die Prognose der Patienten verbesserte sich generell und auch, wenn es sich um Betroffenen mit einem höheren Risiko handelte.

Interessant ist, dass offenbar bei solchen hämatologischen Erkrankungen Tyrosin-Kinase-Hemmstoffe eine extrem gute Wirkung haben können. Bei Tumoren sind hingegen zumeist monoklonale Antikörper effektiver als die Enzym-Blocker. Vor Jahren hat der Tyrosin-Kinase-Hemmer Imatinib bereits die Behandlung der chronisch myeloischen Leukämie revolutioniert. (APA, derStandard.at, 5.6.2014)