Wien/Mannheim -  Der österreichische Baukonzern Porr steigt ins Bieterrennen um das Tiefbaugeschäft des deutschen Konkurrenten Bilfinger ein. Das Unternehmen habe sein Interesse an Teilen oder der gesamten zum Verkauf stehenden Sparte angemeldet, sagte Firmenchef und Großaktionär Karl-Heinz Strauss in einem am Dienstag veröffentlichten Reuters-Interview.

Das Bilfinger-Geschäft würde die Aktivitäten der Österreicher in ihren Kernmärkten gut ergänzen. "Das könnte eine sinnvolle Zusammenarbeit in den Märkten - insbesondere in Deutschland und Polen - sein. Aber auch Österreich und Rumänien sind nicht zu unterschätzen. Die polnische Einheit hat meines Wissens auch Aktivitäten in Norwegen. Das passt eigentlich alles", sagte Strauss.

Informierten Kreisen zufolge hat die Investmentbank Rothschild bereits Informationspakete an mögliche Käufer verschickt - darunter neben Porr auch Strabag, Skanska, Vinci und Bouygues. Unverbindliche Angebote sind voraussichtlich im Juli fällig. Bankern zufolge könnte die Bilfinger-Sparte rund 200 Mio. Euro einbringen.

Kapitalerhöhung

Porr könne die Übernahme finanziell stemmen, sagte Strauss. "Natürlich haben wir uns mit den Dingen beschäftigt und sind auch dementsprechend vorbereitet", sagte er. Die Firma hat vor einigen Wochen rund 120 Mio. Euro über eine Kapitalerhöhung aufgenommen. Mit einem Teil davon - 40 bis 70 Mio. Euro - will Porr die Rückzahlung von Genussscheinen finanzieren und darüber hinaus sein Eigenkapital stärken. Einen kleinen Teil könnte Porr auch für weitere Übernahmen verwenden - allerdings lediglich in bestehenden Kernmärkten, sagte Strauss. Die Österreicher erwirtschaften mehr als 90 Prozent der Leistung in Österreich, Deutschland, der Schweiz, Tschechien und Polen. Porr ist spezialisiert auf den Bau von Straßen, Bahnstrecken und Tunnels sowie Büro- und Wohnhäusern.

Aus Katar, wo 2022 die Fußball-WM stattfinden soll, hatte Porr vor einigen Jahren einen 945 Mio. Euro schweren Auftrag für den Bau eines Teilstücks einer U-Bahn für die Hauptstadt Doha erhalten. Es ist der bisher größte Auftrag der Firmengeschichte. Trotz Korruptionsvorwürfen bei der Vergabe an Katar als WM-Austragungsort und der Diskussion um eine Neuauflage sieht Strauss das Projekt nicht in Gefahr. "Dieser Auftrag hat mit der WM gar nichts zu tun. Dieser Auftrag bezieht sich auf Infrastrukturmaßnahmen für Doha, die in jedem Fall gebaut werden - mit oder ohne WM", sagte er.

Porr will in ATX-Prime

Strauss hält rund ein Fünftel an der Firma. Er hat seine Anteile mit einem Paket seines Partners Klaus Ortner gebündelt. Gemeinsam halten die beiden 56 Prozent. Seine Aktien wolle er langfristig behalten, sagte Strauss. "Ich bin gekommen, um zu bleiben, und verschwende keinen Gedanken daran, jemals Aktien der Porr zu verkaufen. Ich fühle mich sehr wohl hier, ich habe eine spannende Aufgabe", sagte der Manager, der den Baukonzern seit 2010 leitet.

Läuft alles nach Plan, will er die Porr-Aktie zum Jahreswechsel in den breiter gefassten österreichischen Börsenindex ATX-Prime bringen - mit dem Ziel, irgendwann in den Leitindex ATX vorzustoßen. (APA, 3.6.2014)