Warschau - Nach dem äußerst knappen Wahlausgang bei der EU-Wahl in Polen hat die nationalkonservative Oppositionspartei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) beim Obersten Gerichtshof Protest gegen die Gültigkeit der Wahl eingelegt, berichtete der Fernsehsender TVN24 am Dienstag. Die Partei begründete ihre Klage mit Unregelmäßigkeiten, zu denen es bei der Auszählung der Stimmen gekommen sein soll.

"Bei der Wahl wurden europäische und inländische Regelungen und gute Praktiken verletzt, sie wurde auf eine unordentliche Weise ohne Respekt für Wähler und Mitglieder der Wahlkommissionen durchgeführt", erklärte Anna Sikora, die die PiS-Wahlüberwachungsgruppe geleitet hatte, am Montag gegenüber Journalisten.

Der ehemalige Vize-Außenminister in der PiS-Regierung, Witold Waszczykowski, betonte im Gespräch mit dem Radiosender RMF FM, dass die Partei über Dokumente verfüge, woraus hervorgehe, dass es zu Wahlfälschungen gekommen sein könnte, um das Ergebnis zugunsten der rechtsliberalen siegreichen Regierungspartei PO (Bürgerplattform) zu ändern. "Es gab einen starken Druck auf die lokale Verwaltung. Es wurde gesagt: Wenn eure Gemeinde verliert, bekommt ihr kein Geld." Die Sache solle vom Gericht entschieden. "Wenn das Ausmaß der Fälschung so groß war, dass sie über zwei oder drei Mandate entscheiden würde, sollte man die Wahl wiederholen", so Waszczykowski.

Die PiS weist unter anderem auf einen nachgewiesenen Vorfall in einer Wahlkommission in Warschau hin, deren Mitglieder das Wahllokal verlassen hatten, ohne die Wahlergebnisse an der Tür aufzuhängen. Solche Fälle gebe es laut Sikora mehrere. In einigen Wahllokalen seien auch Urnen nicht entsprechend verschlossen worden.

Das Oberste Gericht muss entscheiden, ob es tatsächlich zu Unregelmäßigkeiten gekommen ist und ob sie Einfluss auf das Wahlergebnis hatten. Im diesem Fall könnte das Gericht den Urnengang wiederholen lassen. Nach offiziellen Ergebnissen gewann die PO mit 32,13 Prozent der Stimmen die EU-Wahl in Polen. Die PiS wurde von 31,78 Prozent der Wähler unterstützt. Der Unterschied zwischen den beiden Parteien betrug nur rund 24.000 Stimmen. (APA, 3.6.2014)