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Folgt der EuGH der Ansicht des Generalanwalts, wird die AUA-Sanierung für das Management deutlich schwieriger.

Foto: Ronald Zak/dapd

Wien/Luxemburg - Der AUA-Betriebsrat darf sich im Streit um den Kollektivvertrag für das Bordpersonal über einen wichtigen Zwischenerfolg freuen. Der vom Vorstand der Austrian Airlines (AUA) vor zwei Jahren gekündigte Kollektivvertrag (KV) ist nach Ansicht des Generalanwalts des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) noch immer gültig. Sein Schlussantrag wurde am Dienstag veröffentlicht.

Das EuGH-Urteil wird für den Herbst erwartet. Die Richter folgen in vier von fünf Fällen den Generalanwälten. Die AUA will nun den "Handlungsspielraum neu bewerten und über Alternativen beraten", sagte Pressesprecher Peter Thier am Dienstag.

Betriebsratschef Karl Minhard pocht auf Verhandlungen über einen Konzern-Kollektivvertrag. "Es ist jetzt weder Zeit zu jubeln, noch um den Kopf in den Sand zu stecken", erklärte Minhard am Dienstag in einer gemeinsamen Aussendung mit der Gewerkschaft vida. Minhard will so schnell wie möglich auf den Verhandlungstisch zurückkehren.

Die Vorgeschichte

Der alte Kollektivvertrag für die Piloten und Flugbegleiter der heimischen Lufthansa-Tochter war vom AUA-Vorstand gekündigt worden. AUA-Betriebsrat und Gewerkschaft kündigten daraufhin den KV der Regionaltochter Tyrolean. Betriebsrat und Management manövrierten in der Folge die Verhandlungen in eine Sackgasse, Konzernchef Jaan Albrecht schritt zum "Plan B" und verfrachtete das AUA-Bordpersonal samt Flieger zur Tyrolean. Betriebsrat und Gewerkschaft klagten gegen den umstrittenen Betriebsübergang. Nach einem Erfolg beim Erstgericht gegen das Management liegt der Ball nun beim EuGH.

Der Betriebsübergang des gesamten Flugbetriebes war 2012 ein zentraler Punkt im AUA-Sparkurs, mit dem jährlich mehr als 200 Millionen Euro eingespart werden sollten. 2013 flog die Airline nach sechs Verlustjahren operativ wieder einen Gewinn von 25 Millionen Euro ein. Wegen der Klagen gegen den Betriebsübergang steht hinter dem Sanierungserfolg aber ein dickes Fragezeichen.

Wirkt nach

EuGH-Generalanwalt Cruz Villalon kommt nun zu dem Ergebnis, dass "die in einem Kollektivvertrag vereinbarten Arbeitsbedingungen auch die Bedingungen einschließen, die durch eine der Kündigung des Kollektivvertrags vorausgegangene innerstaatliche Rechtsvorschrift, die gewährleistet, dass der Kollektivvertrag nach seiner Kündigung in abgeschwächter und begrenzter Form fortbesteht, aufrechterhalten werden".

Der KV sei insofern abgeschwächt, als die Parteien individuell vereinbaren können, von seinem Inhalt abzuweichen. Er sei begrenzt, weil seine Geltung erlischt, sobald ein neuer Kollektivvertrag geschlossen wird, erläutert Villalon. Der gekündigte AUA-KV wirkt damit nach Rechtsmeinung des Generalanwaltes bis zum Abschluss eines neuen Kollektivvertrages oder bilateraler Vereinbarungen nach.

Villalon begründet dies mit einem österreichischen Gesetz (Arbeitsverfassungsgesetz, Anm.), wonach Kollektivverträge nachwirken. Der Gesetzgeber habe das in einer innerstaatlichen Rechtsvorschrift "zum Zweck der Aufrechterhaltung der Rechtssicherheit" ausdrücklich vorgesehen. Dies sei bei Abschluss eines Arbeitsvertrages bekannt gewesen.

In Einklang mit EU-Recht

Die Aufrechterhaltung sei im Einklang mit den europäischen Rechtsvorschriften "als eine natürliche Verlängerung der vom Arbeitnehmer zuvor erlangten Rechte und Pflichten zu verstehen". Die Nachwirkung habe insbesondere den Zweck einer Garantie und erhält schlicht im Interesse der Rechtssicherheit den Status quo aufrecht, so der Generalanwalt. "In einem solchen Fall sind die aus einem nachwirkenden Kollektivvertrag abgeleiteten Rechte und Pflichten, als bloße Fortsetzung der vorherigen Situation, die vereinbarten Arbeitsbedingungen." Villalon verweist in seinem Schlussantrag auch darauf, dass diese Auslegung durch die bisherige Rechtsprechung des EuGH bereits bestätigt wurde.

Die Rechtsmeinung des Generalanwalts ist Wasser auf den Mühlen des Betriebsrats. (APA/red, derStandard.at, 3.6.2014)