Josef Ostermayer heißt die "Mitstreiter" aus dem gegnerischen Lager willkommen. "Die Zeit ist reif für eine Entlastung" schließt der sozialdemokratische Kanzleramtsminister aus "etlichen Stimmen", die sich in der ÖVP für eine solche aussprechen, und zwar mit früherem Datum, als dies ihr Parteichef Michael Spindelegger will. "Hoffnungsfroh" gab sich Ostermayer in der ORF- Pressestunde, bereits 2015 eine Steuersenkung durchzusetzen.

Das wollen auch jene Kritiker in der ÖVP, die Spindeleggers Linie nicht akzeptieren: Der Vizekanzler will eine Senkung der Lohn- und Einkommenssteuer erst, wenn "Strukturreformen" Einsparungen bringen. Eine "Millionärssteuer", wie sie die SPÖ zur Gegenfinanzierung fordert, lehnt er ab.

"Reines Abwehrargument"

Lobbyismus für die Vermögenden erkennt Tirols Arbeiterkammerpräsident Erwin Zangerl dahinter und legte der ÖVP in der ZiB 24 indirekt einen Obmannwechsel nahe: "Wenn die Volkspartei das Volk auf ihrer Seite haben will, dann muss man etwas ändern." Ähnlich scharf urteilt der steirische Nationalratsabgeordnete Werner Amon, der nicht verstehen will, warum Spindelegger à priori gegen eine Millionärssteuer ist, wo doch viele Millionäre für einen Beitrag bereit seien. Den Verweis auf eine Verwaltungsreform qualifiziert Amon als ein "reines Abwehrargument".

Was man wissen muss: Amon ist mit Spindelegger über Kreuz, seit dieser ihn 2009 als Generalsekretär des schwarzen Arbeiter- und Angestelltenbundes (ÖAAB) abgesägt hat. Dennoch lässt sich die Causa nicht auf eine Privatfehde reduzieren, denn auch andere Mandatare sind mit der offiziellen Linie unzufrieden.

"Gegen Verzögerungstaktik"

Exministerin Beatrix Karl, ebenfalls ÖAABlerin und aus der Steiermark, pocht auf eine Entlastung bereits 2015 – und warnt vor "Verzögerungstaktik" (siehe Interview). Ähnlich der steirische Mandatar Bernd Schönegger: Auch er will eine Steuerreform "so schnell wie möglich, damit die Wirtschaft angekurbelt wird". Schönegger möchte zwar nicht, dass im Zuge der Reform Eigentum besteuert wird, doch "eine Millionärsabgabe", wie sie Hannes Androsch, Hans Peter Haselsteiner und Co bereits angedacht hätten: "Wenn die das wollen, sollten wir den Herrschaften nicht länger im Weg stehen."

Als weiterer im Bunde kann sich der Steirer Fritz Grillitsch eine Millionärsabgabe "für die Haselsteiners und Flicks" vorstellen ("da sollte man ein Konzept ausarbeiten") – keinesfalls will der ÖVP-Mandatar aber, dass über eine neue Erbschafts- und Schenkungssteuer Grund und Boden besteuert wird, am liebsten hätte der Landwirt überhaupt eine ökologische Steuerreform.

Gerade Zeitplan beschlossen

Erwin Rasinger schließt sich den Steirern nicht an. Der Wiener Abgeordnete ärgert sich vielmehr über das Drängen der SPÖ auf eine Entlastung für 2015, wo die Koalitionsparteien im Nationalrat doch gerade einen Zeitplan beschlossen haben – siehe Download: Demnach soll bis Ende nächsten Jahres erst ein Gesetzesentwurf vorliegen: "Es ist schlechter Stil, wenn ein gemeinsames Konzept ein paar Tage später nur mehr einen Fetzen Papier wert ist."

Was Rasinger aber anders sieht als Spindelegger: "Bei der Erbschaftssteuer könnte man meiner Meinung nach etwas machen." Er meint damit ein Comeback der 2008 abgeschafften Steuer.

Wirtschaftskammerchef Christoph Leitl ist gegen Vermögenssteuern, schlägt aber – wie er meint – einen "goldenen Mittelweg" vor, um den Steuerzahlern trotzdem rasch etwas zurückzugeben: Beteiligungen von Mitarbeitern am Erfolg ihrer Unternehmen sollten künftig nicht mehr progressiv, sondern pauschal mit nur mehr 25 Prozent besteuert werden.

Die SPÖ verspricht alles für sofort. Ihr im September präsentiertes Konzept verhieß eine Entlastung im Ausmaß von drei Milliarden, auch zu anderen Volumina hat sie Berechnungen angestellt (siehe Grafik) – eine solche verkaufte die Kronen Zeitung nun als Geheimpapier aus dem Finanzministerium. Doch beide Seiten im Ministerium – Rot und Schwarz - bestätigen: ein reines SP-Konzept, mit dem die ÖVP nichts zu schaffen hat. Gerald John Nina Weißensteiner, DER STANDARD, 2.6.2014)